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9.4.1 Rückschulung im Kindergarten- bzw. Grundschulalter – (09/2014)

Umso früher die Umschulung bei einem Kind durch einen durchgeführten Händigkeitstest festgestellt wird und die dadurch auftretenden negativen Folgen eingeschränkt werden sollen, desto früher sollte mit der Rückschulung begonnen werden. Wenn eine Rückschulung im jungen Alter durchgeführt wird, kann man von einem für den Patienten leichteren Prozess sprechen, der meist lang anhaltende Ergebnisse mit sich bringt.¹¹¹

Die Rückschulung im Kindergartenalter stellt sich als die empfehlenswerte Variante heraus, da die Kinder das Schreiben mit der rechten Hand noch nicht gelernt haben und es damit auch nicht umlernen müssen. Stattdessen besteht die Rückschulung darin, Stifte und andere Gegenstände mit links zu greifen.

Doch auch Grundschulkindern fällt es im Vergleich zu Ausgewachsenen noch relativ leicht, sich von rechts nach links umzugewöhnen. Die Erfolgsquote in diesem Altersbereich liegt auch hier relativ hoch, sodass Umschulungsfolgen vermindert werden oder sogar ganz verschwinden.¹¹²

Zurückzuführen ist das auf das niedrige Anforderungsniveau, bei dem die Kinder in der Grundschule mithalten müssen. Mit den höheren Leistungsanforderungen steigen auch der psychische Druck und damit auch der Stressfaktor, der die Rückschulung wiederum problematischer gestaltet.¹¹³

Aus diesem Grund sollten Eltern, aber auch Lehrer nicht zögern, ein in dieser Hinsicht auffälliges Kind an eine fachgerechte Beratungsstelle weiterzuleiten, so dass durch eine früh erkannte Pseudorechtshändigkeit die größten Probleme vermieden werden können.

Auch wenn eine Rückschulung natürlich eine positive Veränderung fokussiert, kann es während und vor allem zu Beginn des Prozesses zu einer Verschlechterung der bisher bekannten Umschulungsfolgen kommen. Die Konzentrationsprobleme können sich verstärken oder das Verdrehen von Buchstaben zunehmen. Außerdem nimmt die Müdigkeit erheblich zu und führt sogar dazu, dass manche Kinder die Bereitschaft zu einem Mittagsschlaf zeigen.

¹¹¹ Vgl., Sattler, Johanna Barbara, Der umgeschulte Linkshänder, S.143.
¹¹² Vgl., Bremer, Judith, Einfach links schreiben, S.44ff.
¹¹³ Vgl., Meyer, Rolf W., Linkshändig?, S.76.

Es gibt aber auch Fälle, bei denen sich von Anfang an die Probleme verbessern und die Kinder als entspannter und selbstbewusster wahrgenommen werden.¹¹ Wenn bei der Rückschulung alles so verläuft wie geplant, ist allerdings früher oder später der Erfolg bemerkbar.

Die Anzahl der Schreibfehler nimmt ab, da das Gehirn die neugewonnene Energie, die durch das Schreiben mit der dominanten Hand eingespart wird, nutzen kann. Typisch für Pseudorechtshänder ist die Fähigkeit, Wörter korrekt zu buchstabieren, bei dem Schreiben derselben Wörter baut er jedoch Fehler hinein.¹¹⁵

Die Rückschulung sollte möglichst vor der Einschulung beginnen. Wenn die Diagnose Pseudorechtshändigkeit allerdings zu spät kommt, ist es wichtig, dass die Schule auf den Schüler Rücksicht nimmt, da seine Schrift und auch seine Geschwindigkeit wesentlich langsamer ist, als die seiner Mitschüler.¹¹⁶

Damit der Betroffene seine gesamte Konzentration der Rückschulung zuwenden kann, ist es wichtig, ihn durch die Benotung nicht noch weiter abrutschen zu lassen. Dazu besteht die Möglichkeit der mündlichen Bewertung oder auch die der Verwendung eines Computers, um Schreibarbeiten zu umgehen. Hierzu können Eltern einen Antrag bei der Schule stellen.¹¹⁷

Durch diese Entlastung des Schulstresses ist der Schüler in seiner Kraft für den Neuerwerb des Schreibens nicht eingeschränkt und die Chance auf eine erfolgreiche Rückschulung steigt.

¹¹⁴ Vgl., Bremer, Judith, Einfach links schreiben, S.43.
¹¹⁵ Vgl., ebenda, S.46.
¹¹⁶ Vgl., Sattler, Johanna Barbara, Der umgeschulte Linkshänder, S.149.
¹¹⁷ Vgl., Bremer, Judith, Einfach links schreiben, S.56.