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4.4.3 Die Umschulung der Händigkeit aufgrund gesellschaftlicher Vorurteile – (11/2011)

Wenn eine Umerziehung der angeborenen Händigkeit infolge gesellschaftlicher Vorurteile (zum Beispiel: mechanischer Traditionalismus, pseudopraktische Realitätsbezogenheit, Bequemlichkeit, Unwissenheit und oft sogar ein religiös-ideologischer Hintergrund)² vorgenommen wird, hat dies sehr große Auswirkungen, besonders wenn von dem Zeitpunkt der Umschulung an mit der nicht dominanten Hand geschrieben wird. Diese Umschulung wird gegen die menschliche Natur vorgenommen (siehe Anhang 3).

Es kommt nicht zu einer Umstellung der Dominanz im Gehirn, sondern zu einer Überanstrengung der nicht dominanten Gehirnhälfte und zu einer Unterforderung der anderen. Das hat die Folge, dass es zu Schwierigkeiten bei der Übertragung von Informationen (Input) im Corpus callosum kommt. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass durch diese Übertragungsschwierigkeiten erst die unterschiedlichsten Primärfolgen verursacht werden können.

Das Schreiben ist für einen Erwachsenen ein scheinbar müheloser Vorgang. Dass es jedoch ein Vorgang höchster Komplexität ist, ist den Wenigsten bewusst.
In einzigartiger Weise verknüpft unser Gehirn die verschiedensten zerebralen Fähigkeiten wie Sprache, bildliche Vorstellung des Buchstabens und den Ablauf der Buchstabenfolge sowie auch gleichzeitig verlaufende Gedankenketten, Assoziationen, bildhafte Vorstellungen, Erinnerungen und das Abrufen von Lerninhalten.¹ Im Laufe des Schreiblernprozesses bilden sich zwar Automatismen aus, dennoch erfordert das Schreiben enorme Gedächtnisleistungen und eine hohe Konzentrationsfähigkeit. Wenig andere menschliche Tätigkeiten haben eine so beispielhafte Einbeziehung unterschiedlichster Gehirnaktivitäten wie das Schreiben.

Auf diese Weise wird verständlich, weswegen es gerade hier durch die falsche Inanspruchnahme der Hand und somit der entsprechenden Gehirnhälfte bei einer Umschulung zu gewaltigen Beeinträchtigungen der Hirnleistungsfähigkeit kommt.

Probleme treten besonders gehäuft in Stresssituationen auf. Meist kommen sie plötzlich und unerwartet, so dass sich die umgeschulte Person ihrer Leistungsfähigkeit nicht mehr sicher sein kann.

¹ vgl. Sattler, „Der umgeschulte Linkshänder…“, S.302
² Sattler, „Der umgeschulte Linkshänder…“, S.261

An guten Tagen Gespräch mit Eltern, Verwandten oder Freunden werden die Störungen kaum sichtbar. Doch befindet sich die betroffene Person in einer Prüfungssituation oder hat emotionale Probleme, kommt es öfter zu Schwierigkeiten ihrer Performanz.

Da die Probleme meist erst in höheren Klassenstufen, wenn das Anforderungsniveau steigt, auftreten, kann man diese Schwierigkeiten anfangs nicht immer eindeutig der Umschulung zu ordnen. Es muss allerdings gesagt werden, dass es für die beschriebenen Probleme natürlich auch andere Gründe als die Umschulung geben kann. Außerdem entwickelt nicht jeder umgeschulte Linkshänder alle Facetten möglicher Störungen. Die Effekte auf eine Fehlbelastung des Gehirns sind sehr unterschiedlich. Was bei Person A zum völligen Zusammenbruch führt, kann von Person B besser kompensiert werden.