Pages Menu
Categories Menu

7 Förderung linkshändiger Kinder in der Schule – (12/2015)

Wie bereits in Kapitel fünf eingehend beschrieben wurde, ist eine Umschulung jeglicher Art unbedingt zu verhindern. Stattdessen sollte Wert auf die gezielte Förderung der Händigkeit gelegt werden (Meyer, 2008, S. 69), was besonders im Vorschulalter und den ersten Schuljahren des linkshändig veranlagten Menschen enorm wichtig ist (Meyer, 2008, S. 55). Aus diesem Grund wird im folgenden Kapitel ausschließlich auf die Förderung linkshändiger Kinder dieser Altersgruppe eingegangen.

Um den Linkshänder frühzeitig an die Schreibrichtung von links nach rechts zu gewöhnen, sollten schon vor Beginn des ersten Schuljahres Nachspurübungen (Abb. 24) erfolgen, wodurch sich auch das ständige Nachrücken der linken Schreibhand einprägt (Meyer, 2008, S. 62). Da der Stift beim Schreiben mit der linken Hand nicht wie vom Rechtshänder gezogen, sondern über das Blatt geschoben wird, empfiehlt sich, wie bereits in Punkt 6.2.2.2 erläutert wurde, die Nutzung von Stiften mit weichen Minen, denn so wird der Kraftaufwand möglichst gering gehalten (Weber, 2003, S. 81).

Ebenso wichtig sind Lockerungsübungen der Schreibhand in den Lernpausen (Meyer, 2008, S. 62), da der Linkshänder den Stift gerade am Anfang des Schreiblernprozesses oft mit viel Druck auf dem Blatt bewegt (Weber, 2003, S. 81). Um dem linkshändigen Kind in den ersten Schuljahren die Nachschreibeübungen zu vereinfachen, sollte vor allem von Seiten der Lehrer und Eltern darauf geachtet werden, die neu zu erlernenden Buchstaben und Wörter nicht nur am linken Anfang der Zeile vorzuschreiben, sondern auch am rechten Seitenrand (Meyer, 2008, S. 63).

Das linkshändig veranlagte Kind würde andernfalls das nachzuschreibende Wort stets mit der Schreibhand verdecken. Da die bevorzugte Bewegungsrichtung des Linkshänders von rechts nach links verläuft, sollte außerdem die Schreibrichtung mit Hilfe eines Pfeils am linken Zeilenanfang markiert werden (Abb. 25). So wird dem Kind das Einprägen der korrekten Bewegungsrichtung von links nach rechts erleichtert (Weber, 2003, S. 88).

Bei der Sitzordnung in der Schule ist darauf zu achten, dass der Linkshänder niemals rechts neben einem rechtshändig veranlagten Kind sitzt. Dies würde die nötige Bewegungsfreiheit beider Kinder einschränken, da sie sich aufgrund der unterschiedlichen Handnutzung beim Schreibvorgang ständig mit den Ellenbogen anstoßen würden (Abb. 26). Ebenso sollte es dem linkshändigen Kind möglich sein, auf dem zugewiesenen Sitzplatz mit einer Rechtsdrehung des Körpers die Tafel im Blickfeld zu haben (Meyer, 2008, S. 55 f.).

Der wohl wichtigste Aspekt der Förderung ist es, dem linkshändigen Kind zu einer korrekten Hand- und Körperhaltung beim Schreibvorgang zu verhelfen. Vor allem in den ersten Monaten nach Schulbeginn sollte der Schreibhaltung des Linkshänders, im schulischen, aber auch privaten Umfeld, besondere Aufmerksamkeit entgegengebracht werden (Meyer, 2008, S. 60).

In dieser Zeit wird das Kind verstärkt nach Möglichkeiten suchen, das ständige Verwischen der Tinte mit dem Handrücken (Abb. 27) zu verhindern, was meist zu Fehlstellungen führt. Die wohl bekannteste Form ist die sogenannte Hakenhaltung, eine verkrampfte Handhaltung von oben. Hierbei wird die Schreibhand durch eine ungesunde Krümmung des Handgelenks oberhalb des Geschriebenen bewegt, sodass ein Verwischen der Schrift vermieden wird (Abb. 28).

Auf lange Sicht kann diese unergonomische Handhaltung jedoch zu Begleiterscheinungen, wie Verspannungen im Schulter-Nacken-Bereich, führen. In höheren Klassenstufen, in welchen das Schreibtempo drastisch erhöht wird, sind eine Überlastung des Handgelenkes sowie Verkrampfungen der entsprechenden Muskelgruppen oft die Folge. Doch ist die falsche Handhaltung erst einmal zur Gewohnheit geworden, so lässt sie sich nur schwer korrigieren (Weber, 2003, S. 78).

Aufgrund dessen sollte schon bei den ersten Schreibversuchen des linkshändigen Kindes auf eine ergonomische Schreibhaltung von unten geachtet werden, wobei sich alle Finger der Schreibhand unterhalb des Geschriebenen befinden. Das Heft sollte nach rechts geneigt werden, sodass die linke, obere Ecke höher liegt als die rechte (Abb. 29). Als Richtwert wird hierbei ein Neigungswinkel von etwa 30 Grad vorgegeben (Weber, 2003, S. 81), jedoch kann dieser bei einer gewohnheitsmäßig steilen Handhaltung etwas vergrößert werden.

Das Heft sollte außerdem links von der Körpermitte platziert und am Rand mit der rechten Hand fixiert werden (Weber, 2003, S. 84) (Abb. 30). Um die korrekte Schreibhaltung stets in Erinnerung zu rufen, empfiehlt sich eine Schreibunterlage, auf welcher sowohl die individuell angepasste Blattneigung, als auch die Position der linken und rechten Hand markiert werden. Ebenfalls ist darauf zu achten, dass das Stiftende zum linken Ellenbogen gerichtet ist und das Kind beim Schreiben eine gerade Körperhaltung einnimmt (Meyer, 2008, S. 56).

Zum Einüben der korrekten Handhaltung empfiehlt sich das Schreiben an einer Tafel, da die Kreide verwischt, sobald das linkshändige Kind eine falsche Schreibhaltung ausführt (Meyer, 2008, S. 59). Nicht nur beim Schreiblernprozess, auch beim Erlernen des Lesens benötigen Linkshänder teilweise eine spezielle Förderung. Üblicherweise wird ein Wort von links nach rechts gelesen.

Da die bevorzugte Wahrnehmungsrichtung des linkshändig veranlagten Menschen jedoch von rechts nach links verläuft, kann es vorkommen, dass das Wort rückwärts gelesen wird. Um dem entgegenzuwirken, können sogenannte Lesepfeile (Abb. 31) angefertigt werden. Diese geben dem Kind die Leserichtung vor und helfen gleichzeitig dabei, ein Verrutschen in der Zeile zu vermeiden (Weber, 2003, S. 89 f.).

Eine gezielte Förderung ist also enorm wichtig, um das linkshändige Kind zu unterstützen. Nur so lernt es, mit seiner Veranlagung richtig umzugehen und Probleme frühzeitig aus dem Weg zu räumen. Dem Linkshänder wird so das Gefühl vermittelt, das Recht zu haben, Tätigkeiten mit der geschickteren linken Hand auszuführen.