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2.1.3 Lateralität des Gehirns – (10/2010)

Alle Präferenzen im Bereich der Motorik und der Sinnesorgane lassen sich letztendlich auf den Aufbau des Gehirns zurückführen. Schließlich dient es als zentrale Koordinierungseinheit des Körpers auch zur Steuerung der Organe. Das Gehirn ist in zwei Hälften, die sogenannten Hemisphären, unterteilt. Beim Menschen sind diese Hirnhälften über den Balken, das sogenannte Corpus Callosum, miteinander verbunden.

Wichtig für das Verständnis der Vorgänge ist es zu wissen, dass beide Hemisphären arbeitsteilig wirken. Zwar sind bei kognitiv komplizierteren Aktivitäten beide Hemisphären beteiligt, doch verschiedene Experimente konnten beweisen, dass bei einfachen Handlungen bestimmte Regionen des Gehirns stärker aktiv sind als andere. Aufgrund dieser Erkenntnisse wurden der linken und der rechten Hemisphäre „Eigenschaften“ zugeordnet.

Einen Überblick über die Hemisphärenspezialisation gibt Abb. 23. So ist die linke Hirnhälfte beispielsweise für den Umgang mit Zahlen und Sprache sowie das Zeitgefühl zuständig. Die rechte Hemisphäre dagegen wird beim Erkennen von Gesichtern und Melodien, der Orientierung im Raum und beim Verknüpfen verschiedener Informationen aktiv. (vgl. [11], S. 142, S. 148, [2], S. 67ff.)

Auf Höhe des Stammhirns überkreuzen sich die Nervenstränge, die sich vom Gehirn über das Rückenmark bis in alle Bereiche unseres Körpers verästeln. Das hat zur Folge, dass die linke Hemisphäre die rechte Körperseite steuert und umgekehrt. Rechtshänder sind somit Menschen, bei denen die linke Hirnhälfte dominiert. Bei Linkshändern verhält es sich genau andersherum. (vgl. [2], S. 69, [29])

Setzt man nun beide Fakten in Bezug zueinander, könnte man zu dem Schluss kommen, dass Rechtshänder z.B. ein besseres Sprachverständnis und Zeitgefühl, Linkshänder dagegen ein besseres räumliches Vorstellungsvermögen und ganzheitliches Denken haben. Dies ist aber ein Trugschluss. Dass eine Hirnhemisphäre dominiert, bedeutet nämlich nicht zwangsläufig, dass die mit ihr in Verbindung gebrachten Eigenschaften phänotypisch ebenfalls dominieren.

Der Grund dafür ist, dass unser Gehirn trotz der Dominanz einer Hemisphäre immer noch als Einheit agiert. Deshalb warnt Dr. Johanna Barbara Sattler in ihrem Buch „Die Psyche des linkshändigen Kindes“ vor „Pauschalisierungen und trivialen Verallgemeinerungen“ ([10], S. 310f.). Auch unsere eigene Umfrage, die wir vom 14. April bis zum 17. April 2010 unter 100 Personen aller Altersklassen im Raum Erfurt durchführten, ließ keinen Zusammenhang zwischen der Händigkeit und den genannten Eigenschaften erkennen.

Wie aus Abb. 5 hervorgeht, zeigte sich nur bei einem Linkshänder eine starke Korrelation zwischen seiner Händigkeit und den Merkmalen, was bei unserer Testmethode bedeutet, dass er sich als Einziger alle vier scheinbar linkshändertypischen Eigenschaften zuordnete (vgl. Abb. 1). In zwei Fällen konnten wir eine mittelstarke Korrelation feststellen (drei von vier Merkmalen). Doch beim Großteil der erfassten Linkshänder, immerhin 75 Prozent, zeigte sich überhaupt kein Zusammenhang.