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1. Einleitung – (10/2010)

„Sie schielen, sie stottern, sie schlurfen und taumeln, sie watscheln wie Robben auf dem Land. Sie sind linkisch im Haus und ungeschickt in ihren Spielen, Tölpel und Pfuscher auf der ganzen Linie“ ([11], S. 162). Dieser Auffassung war der im 20. Jahrhundert lebende englische Kinderpsychologe Sir Cyril Burt. Man könnte vermuten, dass Burt über schwer behinderte Kinder spricht, doch seine Aussage bezieht sich keineswegs auf geistig oder körperlich Benachteiligte, sondern auf Linkshänder.

Diese veralteten Ansichten im Bezug auf die Linkshändigkeit existieren in unserer heutigen Gesellschaft nicht mehr. Ganz im Gegenteil, mittlerweile ist es allgemeinhin bekannt, dass Genies wie Albert Einstein, Leonardo da Vinci und Pablo Picasso mit der linken Hand zu schreiben, zu zeichnen oder zu malen pflegten. Doch trotz dieser neuen Form der Akzeptanz der Linkshänder kämpfen diese auch in der Gegenwart oft mit Problemen verschiedener Art.

Während des Prozesses der Themenfindung wurde uns bewusst, dass sich unsere Gruppe aus jeweils zwei Linkshändern sowie Rechtshändern zusammensetzt. Diese Erkenntnis erweckte in uns die Neugier, uns mit dieser Thematik näher auseinander zu setzen. Nach den ersten Recherchen erkannten wir, wie interessant und vielschichtig das Thema Linkshändigkeit ist. Auf Grund dessen möchten wir nun in unserer Seminarfacharbeit „Linkshänder- Analyse einer Minderheit aus biologischer und sozialpädagogischer Sicht“ unser besonderes Augenmerk auf diese Gesellschaftsgruppe richten.

Die biologische Grundlagen der Händigkeit, die Umschulung der angeborenen Handpräferenz, Tests zur Händigkeitsbestimmung sowie der Alltag des Linkshänders bilden die zentralen Punkte unserer Seminarfacharbeit. Um eigene Erkenntnisse in den verschiedenen Themenbereichen zu gewinnen und um Zahlen und Fakten aus der Fachliteratur kritisch zu hinterfragen, führen wir im Rahmen unserer Arbeit einen umfangreichen Eigenanteil durch. Eine Umfrage zum Thema Linkshändigkeit soll Aufschlüsse über die Verteilung der Händigkeit und die Haltung der Befragten in Bezug auf die Umschulung und Alltagsprobleme der Linkshänder liefern.

Um die Hypothese zu überprüfen, dass man die Händigkeit eines Kindes möglichst frühzeitig bestimmen soll, untersuchen wir außerdem mit Hilfe zahlreicher Tests die Handpräferenz bei Kindern im Kindergarten „Walschbergknirpse“ in Walschleben. Der dritte und aufwendigste Bereich unseres Eigenanteils ist ein Selbstexperiment: Über den Zeitraum von einem Jahr schreiben wir einmal wöchentlich ein Gedicht über Linkshändigkeit mit der nicht-dominanten Hand. Dabei wird die Schnelligkeit und die Entwicklung der Handschrift untersucht, um herauszufinden, ob eine Umgewöhnung auf die „schwache Hand“ überhaupt erfolgreich sein kann oder ob immer ein dauerhaftes Defizit gegenüber der Leistungsfähigkeit der dominanten Hand bestehen bleibt.

Die Schwerpunkte unserer Arbeit sind folgendermaßen aufgeteilt: Paul setzt sich mit den biologischen Grundlagen der Händigkeit auseinander. Carolines Augenmerk liegt auf den Arten der Umschulung sowie deren Folgen. Auf die allgemeinen Händigkeitsbestimmung mit Hilfe von Tests geht Marie- Louise im Rahmen unserer Arbeit ein. Die Probleme der Linkshänder im Alltag bilden Lisas Schwerpunkt.

Bei der Materialbeschaffung und bei Fragen aller Art steht uns unser Außenbetreuer Herr Heiko Hilscher vom Linkshänderladen Erfurt zur Seite. Ziel dieser Seminarfacharbeit ist es, den Leser auf die Minderheit Linkshänder aufmerksam zu machen und Verständnis für ihre Probleme und Eigenarten zu wecken. Des Weiteren liegt es uns am Herzen, durch die Händigkeitstests im Kindergarten wenigstens eine kleine Gruppe Kinder vor einer möglichen gewollten oder unbeabsichtigten Umerziehung zu bewahren.

Selbstverständlich hoffen wir außerdem, die äußerst zweifelhaften Aussagen des englischen Kinderpsychologen Burt ad absurdum zu führen, indem wir aufzeigen, dass Linkshändigkeit nicht mit Ungeschicklichkeit und dergleichen in Verbindung steht. Doch dazu bedarf es einer genauen Betrachtung der Grundlagen der Händigkeit.