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2. Ursachen der Linkshändigkeit – (10/2016)

Die Bevorzugung einer Hand, der rechten oder der linken, für beispielsweise motorische Aufgaben ist eng mit dem Beginn der menschlichen Geschichte verbunden. Wichtige Beweise für die Entwicklung der Händigkeit sind prähistorische Werkzeuge, Waffen, Höhlenmalereien, sowie Zeichnungen auf Gräbern. Diese „[…] älteste[n] Zeugnisse menschlichen Handelns belegen, dass es zu allen Zeiten Linkshänder gegeben haben muss.“ ¹
Untersuchungen von neolithischen Steinwerkzeugen zeigten dem französischen Wissenschaftler Mortillet spannende Ergebnisse. Nach seiner Forschung gab es 101 Keile für Linkshänder und nur ungefähr halb so viele für Rechtshänder, genauer gesagt 57. Bei den Schabern war das Verhältnis ausgeglichener. 55 Schaber für Linkshänder und 57 für Rechtshänder. Somit stellte Mortillet die These auf, dass es in der Epoche des vorgeschichtlichen Menschen circa doppelt so viele Linkshänder als Rechtshänder gab.

Nach weiteren Forschungsergebnissen widerlegte er jedoch seine These „[…] und schätzte den Anteil von Links- und Rechtshändern etwa gleich hoch ein.“² Die weiteren Untersuchungen des schweizer Forschers P. Sarasin bestätigen die Widerlegung der ersten These Mortillets. P. Sarasin kam zu der Erkenntnis, dass es 101 Keile für Linkshänder und 106 für Rechtshänder gab.³

Bei Höhlenzeichnungen versuchten andere Wissenschaftler Rückschlüsse auf die Händigkeit zu ziehen. Dabei läge es nach ihren Ansichten den Linkshändern näher, nur Figuren zu zeichnen, die mit ihren Profilen nach rechts ausgerichtet sind. Diese einseitige Untersuchungsmethode zeigt, wie schwierig es ist, genaue Forschungsergebnisse zu dieser Thematik zu erhalten.

Trotzdem geht man durch gewisse Übereinstimmungen in diesen Ergebnissen dem „[…] vorsichtigen Schlu[ss]“ nach, dass der Anteil von Links- und Rechtshändern annähernd ausgewogen war. „[…] Erst mit der Einführung spezieller Werkzeuge“ setzte ein Lernprozess zur Handhabung dieser ein, wodurch die Unterscheidung der Händigkeit begann. Schlussfolgernd gab es in der Epoche des Paläolithikum, der älteren Steinzeit, und der jüngeren Steinzeit, dem Neolithikum, nur eine schätzungsweise zweckgebundene und nicht ausdifferenzierte Beidhändigkeit, die abhängig von der Tätigkeit jeweils eine Seite beziehungsweise Hand bevorzugte.

Etwa um 2000 vor Christus, mit dem Beginn der Bronzezeit gab es eine weitere Theorie, welche die Nutzung von einer Hand und somit die Bevorzugung dieser bestätigen sollte, denn in diesem Zeitalter entwickelten sich die ersten Waffen. Dabei übernahm die linke Hand das Halten des Schutzschildes zur Bedeckung der sensiblen Herzseite.

¹ Wiborg, Jan Peter: „Das kleine Buch für Linkshänder“ / Verlag Wolfang Völker GmbH Höckers kleine Bibliothek / 1988 / S. 8
² Ebenda / S. 9
³ Vgl. ebenda / S. 8-9
Ebenda / S. 10
⁵ Ebenda / S. 11

Die rechte hingegen war für die Führung des Schwertes verantwortlich, wodurch diese aktiver genutzt wurde. Trotzdem gibt es allgemein keine konkreten Hinweise über die Entwicklung der Händigkeit und die damit verbundene Bevorzugung einer Hand, da die aussagekräftigen und bestimmbaren Steinwerkzeuge nur eine kleine Zahl darstellen und die einzelnen Höhlenzeichnungen keine genauen Schlussfolgerungen bieten können.¹

Dennoch war die Ausbildung einer dominanten und einer untergeordneten Hand für die Menschen von großem Vorteil, weil dadurch „[…] Fertigkeiten wesentlich schneller erlernt und automatisiert werden“ ² konnten.
Laut M. Sovak steht die Entwicklung der Händigkeit im festen Zusammenhang mit der Sprachausbildung der Menschen in Zeiten der Evolution. Diese sei nur „[…] dem Menschen vorbehalten“ ³. Doch eine vergleichbare Händigkeit gibt es nach neueren Untersuchungen auch bei Primaten (Springer/Deutsch, 1998, 212f).

Nach der modernen Wissenschaft liegt die Ursache der Händigkeit im Aufbau und der Funktion unseres Gehirns. Die Gehirnhemisphären arbeiten über Kreuz, sodass die linke und die rechte Hand jeweils „[…] vom motorischen Zentrum der dazu gegenüberliegenden Gehirnhälfte gesteuert“ werden. Diese symmetrische Darstellung wird jedoch in der Realität nicht umgesetzt, da der Mensch für spezielle Tätigkeiten, besonders im Bereich der Feinmotorik, eine Hand bevorzugt und nicht beide äquivalent gebraucht. Somit bestimmt das Gehirn, ob ein Mensch Rechts- oder Linkshänder ist und wird schon bei der Geburt festgelegt. Da stellt sich die Frage, ob es gelegentlich noch andere Arten der Linkshändigkeit gibt.

¹ Vgl. Wiborg, Jan Peter: „Das kleine Buch für Linkshänder“ / Verlag Wolfang Völker GmbH Höckers kleine Bibliothek / 1988 / S. 12
² Weber, Sylvia: „Linkshändige Kinder richtig fördern: mit vielen praktischen Tipps“ / Ernst Reinhardt Verlag München Basel / 2003 / S. 17
³ Ebenda / S. 17
Vgl. ebenda / S. 18
Ebenda / S. 18