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8 Der Linkshänder- Laden Erfurt – (10/2014)

Der Linkshänder- Laden in Erfurt ist in seiner Erscheinungsform der einzige in Deutschland: Alle angebotenen Produkte sind für Linkshänder entwickelt.

Aktuell befinden sich im Sortiment über 600 Produkte aus den Bereichen Schul- und Schreibwaren, Haushaltswaren, Lederwaren, Uhren, Computerartikel, Werkzeuge und Literatur.

Der Anstoß für die Entstehungsgeschichte dieses besonderen Ladens war bereits im Jahr 1997: Herr Heiko Hilscher suchte für seine linkshändige Partnerin eine geeignete Schere. Er erkannte eine Marktlücke, da er in diversen Schreibwarengeschäften kein passendes Produkt fand. „Als Inhaber einer Internet- Agentur reagierte [er] und registrierte [sich] die Internetadresse www.linkshaender.de“ (http://www.linkshaenderladen-erfurt.de/?page_id=6 25.08.2014).

Am 13. August 2002, dem Internationalen Linkshändertag, startete der Onlineshop mit 185 Produkten. Zuvorführte eine Mitarbeiterin eine sechsmonatige Markt- und Konkurrenzanalyse durch und recherchierte nach Produkten. Auf die Internetseite wurde täglich etwa 50- mal zugegriffen. In den darauffolgenden Jahren wurde das Sortiment stetig erweitert, die Kunden- und Bestellzahlen stiegen und der Warenbestand erreichte mehr als 100.000 Euro Verkaufswert.

Exakt fünf Jahre später eröffnete der erste Linkshänder- Laden in der Furthmühle in Erfurt, im April 2010 zog dieser in ein Objekt auf der Krämerbrücke um (Anhang Interview Hilscher).

Am 30. Mai 2014 wurden von der Verfasserin die Kunden des Linkshänder- Ladens befragt. Neben der Erfassung sozialdemographischer Daten lag der Schwerpunkt der Umfrage auf der Händigkeit der Kunden, ihren Beweggründen, den Laden zu besuchen, der Erfüllung ihrer Erwartungshaltungen sowie den von ihnen erworbenen Produkten (Abb. 12, Abb. 13).

Insgesamt füllten 21 Kunden den Fragebogen aus. Die Anzahl ist repräsentativ, da laut des Inhabers an einem gewöhnlichen Werktag häufig nicht mehr als drei bis fünf Kunden den Laden aufsuchen. An sogenannten Brückentagen sei die Nachfrage größer, deswegen wurden die Kunden am Tag nach Christi Himmelfahrt befragt.

Dies führt sogleich zum vierten Punkt der Umfrage (Abb. 14): Weshalb besuchen Sie den Linkshänder- Laden? Im Interview mit dem Inhaber Herrn Heiko Hilscher schätzte dieser bereits 75 % seiner Kundschaft als Touristen ein, die zufällig den Laden besuchen. Diese These bestätigte sich. Von 21 Kunden haben 16 die Antwortmöglichkeit „zufällig“ angekreuzt.

Jeweils zwei Kunden gaben an, dass sie bereits Kunden seien beziehungsweise durch Werbung auf den Laden gestoßen seien. Einmal wurde angegeben, durch Internetrecherche auf den Laden aufmerksam geworden zu sein. Auf Empfehlung Bekannter kam niemand in das Geschäft. Diese Ergebnisse zeigen, dass die günstige Lage des Linkshänder- Ladens einen entscheidenden Einfluss auf den Kundenstrom hat.

Von den 21 Befragten waren 13 weiblich und acht männlich (Abb. 15). Die Verfasserin vermutete im Vorfeld eine Gleichverteilung der Geschlechter. Der Überschuss an Kundinnen lässt schlussfolgern, dass sich Frauen aktiver mit der Problematik der Händigkeit auseinandersetzen.

Acht von 21 Kunden gehörten zu der Altersgruppe von 40 bis 49 Jahren. Fünf waren 50 bis 59 Jahre, jeweils drei 30 bis 39 beziehungsweise 60 bis 69 Jahre, zwei 70 bis 71 Jahre und ein Kunde 20 bis 29 Jahre alt (Abb. 16). Die Vorüberlegung, dass vor allem Leute im Alter von Anfang 40 bis Ende 60 den Laden besuchen, hat sich somit bestätigt. Menschen dieser Altersgruppe besuchen die Stadt Erfurt und betreten aus Neugier den Linkshänder- Laden.

Die Antwort auf die Frage nach der Händigkeit der Kunden entsprach den Erwartungen der Verfasserin: neun von 21 Kunden waren Rechtshänder (Abb.17). Linkshänder waren sechs Personen, ebenso gaben sechs an, dass sie umerzogen worden seien, man kann sie also als den genetischen Linkshändern zuordnen.

Es besuchen also mehr linkshändige Menschen den ihren Bedürfnissen angepassten Laden, jedoch wird er auch von zahlreichen Rechtshändern besucht. Die Umerzogenen waren bis auf eine Ausnahme älter als 40 Jahre alt. Hier zeigt sich deutlich, dass die Umschulung auf die rechte Hand bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts eine gängige Methode war.

Bei der Frage nach der Größe des Angebotes, Qualität und Präsentation der Produkte (Abb. 18) spiegelt die Kundenbefragung erwartungsgemäß die Begeisterung der Kundschaft dar: Je 20 Kunden waren mit der Größe des Angebotes und der Präsentation der Produkte zufrieden. 19 Kunden waren von der Qualität der Produkte überzeugt, dies entspricht mehr als 90%.

Für einen Großteil der Kunden ist das Inserat überraschend groß, der helle und freundliche Laden schafft außerdem eine angenehme Atmosphäre. Produkte für Linkshänder werden in viel kleineren Serien hergestellt als für Rechtshänder, da die Nachfrage geringer ist. Dies kann man zum Beispiel an Bastelscheren beweisen: Für Rechtshänder gibt es eine größere Auswahl und somit auch eine größere Preisspanne. Die im Linkshänder- Laden erhältlichen Scheren sind durchschnittlich teurer, aber auch hochwertiger.

Von den 21 befragten Kunden konnte keiner einen Artikel nennen, den er für Linkshänder als wichtig empfindet, aber nicht im Linkshänder- Laden erhältlich sei. Dieses den Erwartungen entsprechende, eindeutige Ergebnis zeugt davon, dass fast alle Kunden von der Vielfalt des Angebotes erstaunt sind.

Bei der Frage „Für wen haben Sie Produkte gekauft/ gesucht?“ (Abb. 19) rechnete die Urheberin der Umfrage mit einem hohen Anteil von Kunden, die für sich selbst Artikel benötigen. Es stellte sich aber heraus, dass 13 Kunden Produkte für linkshändige Familienmitglieder kauften und nur sechs für die eigene Person.

Drei Befragte gaben an, die Utensilien für Freunde, Bekannte oder Kollegen erworben zu haben und ein Kunde kaufte für seine Schüler (Kategorie Sonstige) ein. Knapp dreiviertel der Kundschaft suchte nach Produkten für Personen aus ihrem Umfeld, mit denen diese leichter im Alltag arbeiten können. Die Händigkeit ist dementsprechend ein aktuelles Thema, dem sich viele Menschen annehmen.

Die These, dass die Kunden die gekauften Waren hauptsächlich für ihren Beruf oder die Schule benötigen, hat sich bestätigt (Abb. 20). Passende Schreibutensilien sind für Linkshänder von großer Bedeutung (Kapitel 7.1, S. 13). 13 Kunden entschieden sich für diese Antwortmöglichkeit, das entspricht 52 Prozent.

Zehn Kunden entschieden sich für Produkte, die sie im Haushalt nutzen und zwei Kunden klassifizierten ihren Erwerb unter „Sonstiges“. Der Anspruch des Ladens, linkshändigen Menschen den Alltag mit den angebotenen Produkten wie Schreib und Haushaltswaren zu vereinfachen, stimmt mit der Nachfrage überein.

Zu Beginn des Kapitels stellte die Verfasserin die These auf, der Linkshänder- Laden Erfurt sei in seiner Erscheinungsform der einzige in Deutschland. Die Frage

nach einem vergleichbaren Laden, der den Kunden bekannt sei, wurde 19- mal mit „nein“ beantwortet. Zwei Kunden berichteten von einem Stand auf dem Hamburger Isemarkt, aber der Erfurter Linkshänder- Laden ist das einzige Ladengeschäft, welches sich komplett den Bedürfnissen der Linkshänder widmet.