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12 Linkshänderberatung in Weimar – (10/2014)

Um eine Vorstellung zu bekommen, wie eine Linkshänderberatung abläuft und welche Möglichkeiten diese bietet, führte die Verfasserin ein Interview mit der Ergotherapeutin Frau Meike Bernsdorf durch. Frau Meike Bernsdorf arbeitet mit Frau Silvia Nitsch in einer Praxis für Physiotherapie, Ergotherapie und Osteopathie in Weimar zusammen, dabei ist Frau Bernsdorf vor allem auf den Bereich der Ergotherapie spezialisiert. Ein großes Interesse der Verfasserin bestand vor allem darin, einen Überblick der Nachfrage für die Beratung zu bekommen.

Hierbei erläuterte Frau Bernsdorf, dass die Nachfrage im Raum Weimar nicht sehr groß ist, da viele Menschen ihre Probleme nicht mit der Umschulung der Händigkeit in Verbindung setzen. Oft kommen Eltern mit ihren Kindern zu der Ergotherapeutin um die Überprüfung der Händigkeit durchführen zu lassen, da die Eltern meist das Gefühl haben, dass beide Hände „gleichstark“ für Tätigkeiten verwendet werden. Im Allgemeinen kann man die Händigkeit in alltäglichen Situationen überprüfen beziehungsweise beobachten, wie zum Beispiel beim Zähneputzen, welche Hand nach der Zahnbürste greift oder in welcher Hand die Zahnbürste gehalten wird.

Die Überprüfung der Händigkeit findet mit Hilfe von „Linkshändertests“ statt, so Frau Bernsdorf. Diese Tests werden mit Arbeitsblättern aus verschiedenen Arbeitsheften ausgeführt werden. Auf diesen Arbeitsblättern ist beispielsweise links und rechts ein Labyrinth abgebildet (Abb. 28). Das Labyrinth auf der jeweiligen Seite soll von dem Kind mit der entsprechenden Hand ausgefüllt werden mit dem Ziel am anderen offenen Ende herauszukommen.

So soll das Kind für das auf der linken Seite abgebildeten Labyrinth die linke Hand verwenden und für das auf der rechten Seite die rechte Hand. Während des Ausfüllens achtet die Therapeutin vor allem auf die Stifthaltung, die Blatthaltung und die Sitzhaltung des Kindes, aber auch auf die Linienführung der Kinder innerhalb des Labyrinths, denn wenn viele Lücken einfach übersehen wurden, kann dies auf Ungenauigkeit zurückgeführt werden.

Nach diesem Test ist meist schon eine Tendenz zu der favorisierten Händigkeit zu erkennen, laut Bernsdorf, denn je genauer auf die Linienführung geachtet wurde umso besser konnte das Kind mit dem Stift umgehen. Frau Bernsdorf führt jedoch nicht nur einen einzigen Test durch. Es gibt auch Tests, bei denen Umrisse durch kleine Kreise charakterisiert sind (Abb. 29, Abb. 30). Zum einen gibt es das Prinzip, bei dem auf einem Blatt zwei Figuren abgebildet sind (Abb. 29), in deren Kreise Punkte gesetzt werden sollen.

Dies funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip, wie der oben beschriebene Test mit dem Labyrinth: Die jeweilige Hand füllt die entsprechende Seite aus, hier werde ebenso auf die Genauigkeit der gesetzten Punkte geachtet, erklärt Frau Bernsdorf. Diese Methode wird auch bei zwei Abbildungen auf zwei Blättern angewendet (Abb. 30). In dem Fall kann man zwei Eichhörnchen sehen (Abb. 30), das eine hat den Kopf auf der linken Seite und das andere hat den Kopf auf der rechten Seite des Blattes.

Nun soll das Kind bei dem Eichhörnchen, das den Kopf auf der linken Seite hat, die Punkte mit dem Stift in der linken Hand ausfüllen und das auf der rechten Seite mit dem Stift in der rechten Hand. Wie oben beschrieben hat die Genauigkeit der Punkte und die gesamte Haltung des Kindes beim Ausfüllen eine große Bedeutung für die Beurteilung von Frau Bernsdorf.

Nicht nur das Ausfüllen von Arbeitsblättern kann ein Test zum Ermitteln der Händigkeit sein, sondern auch ein sogenanntes „Sensomotorisches Entwicklungsgitter“ (Abb. 31), wobei mehrere Sitzungen mit der Ergotherapeutin vollzogen werden müssen und auch verschiedene Aspekte von Bedeutung sind, beispielsweise die Sprache, die akustische Wahrnehmung, der Sozialkontakt, die optische Wahrnehmung, das Handgeschick und die Körperkontrolle.

Dies dient nicht nur zur Händigkeitsermittlung, sondern auch zur Feststellung, ob der Patient eine Umschulung durchleiden musste, erläutert Frau Bernsdorf. Für diese Feststellung steht der Ergotherapeutin auch noch ein „Psychosomatisches Entwicklungsgitter“ (Abb. 32) zur Verfügung. Die Gitter sind meist in verschiedene Altersgruppen eingeteilt, da die Fähigkeiten eines sechs Jahre alten Kind nicht mit denen eines vier Jahre alten Kind verglichen werden können.

Durch verschiedene Bewegungsabläufe, die die Ergotherapeutin den Kindern zur Aufgabe stellt, kann sie mithilfe einer genauen Beobachtung und Protokollführung (Abb. 33) die Patienten beurteilen. Frau Bernsdorf unterstützt auch die Eltern ihrer jungen Patienten, indem sie beim Einrichten von Arbeitsplätzen der Kinder nach der Erkennung der Händigkeit hilft. Hierbei verweist sie oft auf Linkshänderartikel, die in vielen Schreibwarengeschäften angeboten werden. Auch Kindergärten berät sie bei der Einrichtung.

Sie empfiehlt um die Schreibhaltung von Linkshändern angenehmer und oft auch einfacher zu gestalten den Eltern für Linkshänder konzipierte Malhefte, oder wenn die Schreibhaltung sehr verkrampft und verdreht ist auch therapeutische Hilfe. Probleme eines umgeschulten Linkshänders erkennt Frau Bernsdorf oft sofort am Schriftbild eines Patienten, ohne vorher seine Verhaltensauffälligkeiten analysiert zu haben.

Eine Rückschulung hat die Ergotherapeutin noch nicht in ihrer Laufbahn erlebt. Aus ihrer Erfahrung heraus erklärt sie der Verfasserin, dass der Mensch ein „Gewohnheitstier“ sei. Warum sollte sich ein umgeschulter Linkshänder nach beispielsweise 20 Jahren umgewöhnen und wieder mit der linken Hand schreiben? Ihrer Meinung nach ist es für den Menschen leichter, mit seinen Problemen zu leben, als etwas zu ändern, was viel Zeit und Geduld in Anspruch nimmt.

Der Stellenwert der Händigkeit sei in der Ergotherapie sehr hoch, da zum Beispiel Patienten, die einen Schlaganfall auf der rechten Seite bekommen, sich mit der linken Seite neu in ihr Leben einfinden müssen (Anhang Interview Bernsdorf).