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5.2 Fachmännische Feststellung – (10/2014)

Beim Leistungsdominanztest (LDT) nach Schilling, bei dem der Stressfaktor Genauigkeit vorhanden ist, müssen die Versuchspersonen nacheinander 150 Kreise, welche zu einem Hampelmann angeordnet sind, mit einem Spezialstift punktieren (siehe Anhang Abb. 6). Es wird die dafür benötigte Zeit mit jeder Hand gemessen. Dieser Test untersucht Koordination, Geschick und Ausdauer der Hände, ist aber alleinig nicht ausreichend zur Händigkeitsbestimmung.

Beim Hand-Dominanz-Test (HDT) nach Steingrüber und Lienert, bei dem 2 Stressfaktoren (Genauigkeit, Zeitlimit von 30 Sekunden) vorhanden sind, müssen die Versuchspersonen sowohl mit der linken als auch mit der rechten Hand Spuren auf Papier mit Bleistift nachziehen (siehe Anhang Abb. 7). Entsprechend der Blickrichtungen zeichnet dabei die linke Hand nach links und die rechte Hand nach rechts.  Es wird geschaut, mit welcher Hand die Versuchsperson entsprechend des Zeitlimits am Weitesten und Genausten zeichnen kann.

Der Test sollte ebenfalls nicht alleinig zur Händigkeitsfeststellung dienen, da der Versuchsleiter viel Erfahrung mit diesem braucht, der Test nur ein Leistungsspektrum abdeckt und umgeschulte Linkshänder und Erwachsene nicht berücksichtigt. Weitaus aussagekräftiger für die Händigkeitsfeststellung sind Kombinationstests, die viele Leistungsspektren einer Person untersuchen. Der Kombinationstest nach Kramer¹ ermittelt die bevorzugte Hand bei Kindern nach 3 Kriterien (eingesetzter Kraftaufwand, Geschicklichkeit, Reaktionsfähigkeit).

¹ Psychologin und Heilpädagogin, Entwicklerin des Kramer-Intelligenztestes

Bei dieser Untersuchungsmethode wird zum Beispiel geschaut, mit welcher Hand ein Kind einen zu Boden gefallenen Gegenstand wieder aufhebt, ein in der Nähe liegendes Buch bringt, einen festsitzenden Schachteldeckel abnimmt, Türen und Fenster öffnet. Wasser holt und Blumen gießt, Perlen auffädelt, eine Puppe anzieht und diese kämmt oder mit welcher Hand das Kind besser zeichnen kann. Außerdem kann eine freie Beobachtung beim Spielen erfolgen. Es wird darauf geachtet, mit welcher Hand das Kind baut, sich aufstützt oder anderen Kindern etwas reicht.

Beim Test wird die Anzahl der Bevorzugung für jede Hand gemessen, weshalb mehrere Testaufgaben und eine erfahrene Beobachtungsperson nötig sind, da Kinder sich häufig große Mühe geben, rechtshändig geschickt zu reagieren. Aus diesem Grund berücksichtigt der Test nach Sattler den Einfluss der unmittelbaren Umwelt des Kindes, das Nachahmungsverhalten und die Händigkeit

der Familie. Bei diesem Test ist es wichtig, dass der Entwicklungsstand des Kindes, mögliche Krankheiten und Störungen in Bezug gesetzt werden mit den Ergebnissen des Linkshandtestes. Teil der Untersuchung ist ein umfangreicher Beobachtungs – und Protokollbogen, welcher die bevorzugte Hand bei Tätigkeiten dokumentiert (siehe Anhang Abb. 8). Die Kinder werden im praktischen Teil der Methode gefilmt und es erfolgt ein anschließendes Verständigungsgespräch mit den Eltern. Die Untersuchung und der Protokollbogen unterscheiden drei Kategorien von Tätigkeiten.

Unter die erste Kategorie fallen sehr spontane, von Erziehung und Umwelt kaum geprägte Tätigkeiten, wie einen Lichtschalter bedienen, Fenster und Türen öffnen, Würfeln, Zähneputzen, Kämmen und das Aufheben eines Gegenstandes. Die zweite Kategorie beinhaltet Tätigkeiten, die durch Erziehung und Nachahmung geprägt und beeinflusst werden, wie Schreiben, Zeichnen, Malen, Messer benutzen, Gabel benutzen, Löffel benutzen, spontanes Handgeben als kleines Kind, Tischtennis spielen und werfen.

Unter die dritte Kategorie fallen Tätigkeiten, welche durch den technischen Vorrichtungen und fehlende linkhandgerechte Produkte geprägt sind, wie Schneiden, eine Dose öffnen, einen Korkenzieher benutzen und Kartoffeln schälen. Es muss berücksichtigt werden, dass umgeschulte Linkshänder bereits viel Übungs- und Erfahrungszeiten mit der rechten Hand hatten. Dies sollte im Vergleich der Bewegungsgestaltung beider Hände beachtet werden. Zusätzlich werden im Test die schulischen Leistungen des Kindes, die Geburt und Entwicklung, die Händigkeit der Betreuungs- und Bezugspersonen, sowie die Bevorzugung des rechten oder linken Auges oder Fußes abgefragt. /4/, /5/

Der Test nach von Rolbeck beinhaltet eine ausführliche Prüfung der Vorgeschichte der zu testenden Person, eine klinische Beobachtung, sowie eine psychologische und intellektuelle Untersuchung. Um Ängste zu vermeiden, werden Eltern und nahe stehende Bezugspersonen mit untersucht, wodurch diesen aus dem eigenen Erleben heraus das Ergebnis des Tests verständlich wird. Auch Geschwister werden mit untersucht, da diese auf Grund der Vererbung ebenfalls Linkshänder sein könnten. Der Test greift auf verschiedenste Messverfahren zurück, welche z.B. aus der Psychologie bekannt sind.

Zum weiteren Testspektrum können die Untersuchung der Lungenfunktionen, der körperlichen Beweglichkeit und der Raumkoordination gehören. Es gilt aus einem Pool von Testmöglichkeiten richtige auszuwählen, welche auf die Person und ihr Leben zugeschnitten sind. Der Test bietet ein verlässliches Untersuchungsergebnis, da die Untersuchungsmethoden von der Person kaum beeinflusst werden können. So erfolgen die Test hinsichtlich Koordination und Flüssigkeit von Bewegungsabläufen z.B. mit geschlossenen Augen, um eine persönliche Korrektur zu vermeiden.

Auch bei Schreib- und Zeichenübungen gelingt so die Ausschaltung der Eigenkontrolle. Alle Übungen werden sowohl mit links als auch mit rechts und gegebenenfalls mehrfach ausgeübt. Die Person wird während des Tests gefilmt. Der Film wird anschließend gemeinsam geschaut und besprochen. Wichtig ist hierbei ein offener, natürlicher Umgang mit der festgestellten Händigkeit, da gerade bei Kindern der Eindruck verhindert werden sollte, die Linkshändigkeit sei eine Krankheit.

Wird beim Test festgestellt, dass die Person eine andere genetische Veranlagung besitzt, als bisher gelebt, stellt sich die Frage nach einer Wiederumstellung der Händigkeit. Diese Frage muss von Fall zu Fall entschieden werden. Bei einer Entscheidung für die Wiederumstellung sollte auf die Hilfe geschulter Fachleute zurückgegriffen werden. Eine Wiederumstellung ist in jedem Alter möglich. Erfahrungsberichte zeigen, dass der Gewinn an Lebensqualität die Mühe und den großen Zeitaufwand hierbei oft deutlich übertrifft.

Die Umstellung von Kindern sollte möglichst als Abenteuer gestaltet werden, da dadurch mehr Freude und Akzeptanz beim Kind zu seiner Händigkelt entstehen können. Blockierte Gene (Methyllerung) können durch abenteuerliche, ruhige Umstellungsgestaltung schneller abgebaut werden. Ein ereignisorientiertes Arbeiten kann die Neuroplastizität¹ des Gehirns aktivieren, wodurch Blockaden gelöst werden und ein schnellerer Lernerfolg sichtbar werden kann.

¹Fähigkeit des Gehirns, sich unter Belastungsfaktoren umzuorganisieren