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2.4 Religiöse Auffassungen zur Händigkeit – (10/2014)

Im Folgenden soll anhand religiöser Schriften aufgezeigt werden, inwieweit gegensätzliche Auffassungen von links und rechts in religiösen Bereichen auftreten.
Im Alten Testament kommt es zu keiner eindeutigen Bewertung beider Seiten. Rechts taucht vor allem dort auf, wo es um die rechte Hand oder Seite Gottes geht. Die rechte Seite wird bei einigen Handlungen bevorzugt, die linke jedoch nicht direkt abgewertet.

Das Segnen mit der rechten Hand galt somit als wertvoller, konnte aber dennoch mit der linken Hand vollzogen werden. Als Beleg soll folgendes Beispiel aus 1. Moses 48, 18/9 dienen, worin Ephraim und Manasse durch ihren Großvater Jakob, den Vater Israels, gesegnet werden: „Nicht so mein Vater, dieser ist der Erstgeborene, lege deine rechte Hand auf sein Haupt.

Aber sein Vater weigerte sich und sprach: Ich weiß wohl mein Sohn, ich weiß wohl.Dieser soll auch ein Volk werden und wird groß sein, aber sein jüngerer Bruder wird größer als er werden, und sein Geschlecht wird eine Menge von Völkern werden.“ Der Brauch, den kirchlichen Segen mit der rechten Hand zu geben, hält bis heute an.

Durch die spezielle Hervorhebung scheint die Linkshändigkeit eine moralisch nicht abgewertete Ausnahmeerscheinung gewesen zu sein. Zu belegen ist dies im Buchder Richter 20, 16: „Unter diesen Männern befanden sich siebenhundert besonders auserlesene Männer; sie waren allesamt Linkshänder und konnten einen Stein haargenau schleudern, ohne je das Ziel zu verfehlen.“ /7/, /16/

Eine deutliche Abwertung der linken Hand zeigt sich allerdings im Neuen  Testament, so beispielsweise im Gleichnis des Jüngsten Gerichtes bei Matthäus (Kap. 25, Vers 32 ff): „Er (Jesus Christus) wird die Schafe zu seiner Rechten versammeln, die Böcke aber zu seiner Linken; Dann wird er sich auch an die auf der linken Seite wenden und zu ihnen sagen: Weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist!“ (/7/S.52)

Auch in der religiösen Kunst ist dies nachzuvollziehen. In zahlreichen Bildwerken befinden sich die Schlechten auf der linken und die Guten auf der rechten Seite. Als Beispiel soll das folgende Bild (siehe Anhang Abb. 3) von Albrecht Dürer dienen. Sandra Schmidt¹ interpretiert die christliche Darstellung wie folgt: „Von Christus aus gesehen werden rechts die Gerechten von Engeln bis ins Licht geführt und links die Verdammten in den Höllenschlund getrieben.“ Diese Aufteilung finde sich in vielen christlichen Bildwerken wieder. (/8/S.4)

¹ ehemalige Studentin der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Veröffentlichung einer Studienarbeit

Die christliche Gebetswendung nach Osten sei mit den Handlungen Christi zu begründen, so Sattler. Dieser sei nach Osten am Ölberg in den Himmel gefahren und aus derselben Richtung wiedergekehrt sein, denn im Osten befinde sich das Paradies. Folglich ist die Abwertung der linken Seite neben der Ostung des Gebäudes auch innerhalb einer Kirche zu finden. Die Sitzverteilung sah wie folgtaus: Die als „irdisch“ klassifizierten Frauen hatten einen Sitzplatz auf der linken, die „geisterfüllten“ Männer auf der rechten Seite der Kirche.

Als weiteres Beispiel für das Bevorzugen der rechten Seite gilt die Anzahl der Altarstufen, denn diese seien so abgezählt worden, dass man stets mit dem rechten Fuß sowohl beginnt als auch ankommt. /7/, /16/
Der Koran des Islam besagt, die Herrschaft über alles liege in der Hand Allahs. In Sure 69, Vers 18-20 steht: „An jenem Tag werdet ihr vorgeführt, und dabei bleibt nichts von euch verborgen.

Wenn seine Schrift in seine Rechte gegeben wird, der sagt: Da, verlest meine Schrift! Ich habe damit gerechnet, dass ich meine Abrechnung erleben würde“, weiter in Vers 25: „Derjenige aber, dem seine Schrift in seine Linke gegeben wird, sagt: Wäre mir meine Schrift doch nicht gegeben worden. Was habe ich von diesem Vermögen? Ich habe meine Machtvollkommenheit eingebüßt“.

Laut Ahment Swelam sei dies mit großer  Wahrscheinlichkeit der Ursprung der traditionellen islamischen Verhaltensweisen. Beispielsweise erfolgt die Begrüßung durch die rechte Hand und bei religiösen Bräuchen, wie der Körperwaschung zum Gebet, wird stets mit rechts begonnen./11/

Im Islam gilt die linke Hand als unrein. Früher schrieb das islamische Gesetz dasAbhacken der rechten Hand vor, worauf dem Dieb nur noch die linke, unreineHand zur Verfügung stand.
Im Judentum ist keine deutliche ethische Auf- oder Abwertung der Seiten zu spüren. Auch wenn die rechte Hand Gottes mehr wert war, ging damit keine direkte Abwertung der linken einher. /7/