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2.3 Sprachliche Bedeutung der Begriffe „rechts“ und „links“ – (10/2014)

Ein bedeutender Träger von Traditionen ist die Sprache, da sie sich nur geringfügig und langsam verändert. Nicht selten gibt es innerhalb einer Sprache Abwandlungen und Neuerungen, doch die direkt mit der Sprache verbundenen Wertevorstellungen ändern sich kaum. Sie ist eine äußerst wichtige Bezugsquelle für solche Wertevorstellungen, so auch für die für die Bewertung der Seitigkeit, der Begriffe rechts und links.

Die Wörter links und rechts sind an unterschiedliche Assoziationen gebunden. Mit rechts werden Begriffe wie Recht, richtig, ehrenhaft und redlich kombiniert. Ausder Wortfamilie des deutschen Wortes rechts, althochdeutsch rehts, stammenebenfalls das Substantiv Recht sowie die Adjektive recht und richtig.

Es ist naheliegend, dass die rechte Hand die „schöne“ ist, mit der man grüßt, schwört und sich meist den Ehering ansteckt. Folglich wird das Wort links, althochdeutsch ienka, mit linkisch, also ungeschickt und unbeholfen, assoziiert. /8/

Die Präferenz des Wortes rechts findet sich in zahlreichen deutschen Redewendungen wieder: vom rechten Weg abkommen (auf die schiefe Bahn gelangen), ein rechter Mann sein (ehrenhaft sein), mit rechten Dingen zugehen (auf legale, natürliche Weise geschehen), rechte Seite eines Kleidungsstücks (richtige Seite bzw. Außenseite) oder jemandes rechte Hand sein (jemandes Vertrauter, wichtigster Mitarbeiter).

Die Abwertung der linken Seite findet ihren Niederschlag in Redewendungen: zwei linke Hände haben (ungeschickt, unbeholfen, tollpatschig sein), ein linker Typ (Betrüger, Lügner, hinterhältiger, verschlagener Mensch), jemanden links liegen lassen (jemanden ignorieren, nicht beachten), etwas mit links machen (etwas mühelos, mit Leichtigkeit, sogar mit der minderwertigen linken Hand, machen können), jemanden linken (jemandenbetrügen, täuschen), linke Seite eines Kleidungsstücks (verkehrte Seite, Innenseite), mit dem linken Bein zuerst aufstehen (schlechtes Omen für den anstehenden Tag). /4/

Nicht nur beim Betrachten der deutschen Sprache zeigt sich eine unterschiedliche Bewertung von rechts und links. So sind beispielsweise im Lateinischen für dasWort laevus (lat. links) Übersetzungsmöglichkeiten wie ungeschickt und böse zu finden. Auch sinistra (lat. ebenfalls links) bedeutet so viel wie verkehrt, ungünstig,unheilverkündend, unglücklich und wird mit den Worten linkisch und teuflisch gleichgesetzt.

Dextra (lat. rechts) hingegen wird mit Tapferkeit, Treue und Mut übersetzt und rectus (lat. auch rechts) richtig oder gerade.
Auch im englischen Sprachgebrauch drückt left links, linkisch und fragwürdig aus, während right (engl, rechts) positiv behaftet ist und richtig oder echt bedeutet. Oftmals werden Linkshänder im Englischen auch als sogenannte sinistralsbezeichnet, was neben der Seite links auch für schlecht, böse, finster undunheilvoll steht.

Left – handed (engl, linkshändig) wird in englischen Lexika häufig noch immer als „durch Unbeholfenheit oder Ungeschicklichkeit gekennzeichnet; abweichendes Verhalten zeigend, schief, unbeabsichtigt“ definiert. Im Spanischen wird linkshändig mit zurdo übersetzt. Die wörtliche Übersetzung der Redewendungno ser zurdo lautet „nicht linkshändig sein“, wird aber als Ausdruck für „sehr clever sein“ verwendet.

Das französische Wort gauche (franz. links) bedeutet unbeholfen, umständlich und schief. Während sinistre heute nur noch inVerbindung mit Todesfall oder Unglück auftritt, bedeutete das Wort früher so viel wie links und wurde aufgrund der zunehmenden negativen Bedeutung durch gauche ersetzt. Droite (franz. rechts) bezeichnet das Recht, richtig und gerade. Auch im Italienischen steht sinistra (ital. links) für unheimlich und unglücklich, wohingegen destro rechts, geschickt und gewandt ausdrückt.

Im vulgären Sprachgebrauch bedeutet mancino (ital.) so viel wie der Übeltäter, heißt wörtlich übersetzt aber Linkshänder. Anstelle des Wortes „Linkshänder“ wurde in alter hebräischer Lektüre der Ausdruck „auf der rechten Hand ungeschickt“ verwendet. Anhand der erwähnten Sprachbeispiele wird deutlich, dass links als die negative Seite gilt und unter anderem ein Symbol der Minderwertigen ist. Rechts wird

hingegen stets als die positive Seite gewertet. Dies hat eine weltweite Benachteiligung der Linkshänder zur Folge, die bis heute durch Vorurteile und Diskriminierung beständig ist. /8/