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3.3.2. Praktischer Teil – (12/2016)

Mit der Befragung von Linkshändern und Personen mit einem unmittelbaren Bezug zur Linkshändigkeit, war es möglich, einen breiten Eindruck über die Situation und dem Erleben der Linkshänder zu erhalten. Es wurden 50 Interviews geführt (100%), davon 27 mit Linkshändern (54%), 8 mit umgeschulten Linkshändern (16%) und 15 mit Rechtshändern mit unmittelbarem Bezug zur Linkshändigkeit (30%).

Schwierigkeiten im Alltag manifestieren sich in der Adoleszenz¹³ viel deutlicher. Eine Erfahrung die ich gleichermassen gemacht habe. Im Alterssegment 07-12 äussern die Befragten einen selbstverständlichen Umgang mit der Linkshändigkeit. Die Eltern erheben keine spezifischen Förderungsmassnahmen für ihr Kind. Auch im Bezug auf die Freizeitgestaltung spielt die Linkshändigkeit eine untergeordnete Rolle.

Das Alterssegment 13-18 und zeigt eine deutlich reflektiertere Haltung gegenüber der Linkshändigkeit. Es wurde bemängelt, dass das Umfeld zu wenig Rücksicht auf die Linkshändigkeit nimmt und linkshänderspezifische Hilfsmittel häufig nicht verfügbar sind. Es wurden auch diverse hindernde, umgebungsbedingte Faktoren genannt wie zum Beispiel die Ausrichtung der Klassenräume (Fensterfront meistens links).

Im Alterssegment 19+ zeigen sich gewisse Vorteile im Berufsalltag von Linkshändern. Dies zeigt sich vor allem in einer ergänzenden Zusammenarbeit mit Rechtshändern. Zusammenfassend äussern die Befragten im Alterssegment 19+ keine vordergründigen Probleme. Aus den gegebenen Antworten lässt sich schliessen, dass die Schwierigkeiten von Linkshändern im Alltag mit zunehmendem Alter durch die vermehrte Anpassungsfähigkeit verschwinden.

¹³ Zeitraum von der späten Kindheit über die Pubertät bis hin zum vollen Erwachsensein

Obwohl die Literatur deutlich auf bleibende Folgen verweist, die durch die Umschulung entstehen könnten, äussern die von mir befragen umgeschulten Linkshänder keine vordergründigen Probleme. Sie erwähnen, sich im Alltag linkshändig zu organisieren, jedoch zum Schreiben die rechte Hand einzusetzen.

Bezüglich der Händigkeit gibt es nicht nur länderspezifische Unterschiede, in der Schweiz zeigen sich diese auch auf kantonaler Ebene. Beispielsweise erhält im Vergleich zum Kanton Zürich jeder linkshändige Schüler im Kanton Basel zum Schulstart passenden einen Füller und Schere.

Beratungsstellen für Linkshänder sind in Deutschland zahlreicher und deutlich gefragter als in der Schweiz. Der Bedarf an Beratungen steigt laut Aussagen der Berater von deutschen Beratungsstellen jährlich an. Der Absatz an Linkshänderartikel nimmt deutlich zu und Berater aus der Schweiz holen sich in Deutschland ihre Fachexpertise und Fachausbildung. Pädagogen, Ärzte, Psychologen und andere involvierte Professionen vernetzen sich zunehmend im In- und Ausland.