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4.2 Festlegung der Linkshändigkeit im Mutterleib bis zum 5. Lebensjahr – (10/2016)

Die Bevorzugung der rechten oder der linken Hand wird durch die Ausbildung des Gehirns bereits im Mutterleib festgelegt. Dadurch steht die Linkshändigkeit schon vor der Geburt, ohne jegliche Betrachtung des Kindes in seiner Entwicklungsphase, fest. Wenn nun ein linkshändiges Kind geboren wird, dann ist die Bevorzugung der linken Hand und der damit verbundene richtige Umgang, ohne „[…] Beeinflussung[en] oder Entwicklungsstörung[en] im Bereich der geistigen Entwicklung, der Motorik oder der Wahrnehmung“², zwischen dem 4. und 5. Lebensjahr ausgeprägt.

Wenn dem nicht so sein sollte, ist es wichtig, sehr gut ausgebildete und erfahrene Therapeuten zu finden, damit man die Ursachen feststellen und herausfinden kann, welche Hand die dominante ist. Das ist wichtig, da ansonsten bei motorischen Aufgaben, insbesondere feinmotorischen, Fehler auftreten oder diese von dem Kind nicht problemlos gelöst werden können. Das tritt beispielsweise bei Kindern auf, die eine geistige Behinderung haben, wie das Downsyndrom. Dabei „[…] kann die Entwicklung der Handdominanz verzögert sein oder sich nicht ausprägen.“³

Im Folgenden werden die sogenannten Meilensteine der Händigkeitsentwicklung dargestellt. Diese können sich von Kind zu Kind individuell unterscheiden, dennoch ist es für eine sichere ausgeprägte Handdominanz wichtig, dass die einzelnen Phasen erfolgreich abgeschlossen werden und eine stetige Weiterentwicklung erkennbar ist. Zur Ausbildung der Händigkeit zählen zu den einzelnen Phasen zusätzlich besondere Fähigkeiten, die das Kind können muss, deswegen beginnt diese bereits im 1. bis 3. Monat des Neugeborenen.

Zu diesem Zeitpunkt sind die Bewegungen des Kindes asymmetrisch, sodass die „[…] Hände noch nicht in der Körpermittellinie zusammen[ge]führ[t]“ 4 werden können. Die Ursache dafür ist der ATNR, ein frühkindlicher asymmetrischer tonischer Nackenreflex. Dieser bleibt bis zum 6. Lebensmonat bestehen und steuert jede Körperbewegung. Danach nimmt der Einfluss des ATNR ab und es werden symmetrische Bewegungen des Kindes sichtbar.

¹ Vgl. Weber, Sylvia: „Linkshändige Kinder richtig fördern: mit vielen praktischen Tipps“ / Ernst Reinhardt Verlag München Basel / 2003 / S. 21
² Kirsch, Andrea ; Pauli, Sabine: „Linkshänder – Na klar! Das Praxisbuch über linkshändige Kinder“ / Verlag Modernes Lernen Dortmund / 2011 / S. 23
³ Ebenda / S. 24 4 Ebenda / S. 24

Im 2. Monat jedoch kann es bereits einen Gegenstand, zum Beispiel ein Spielzeug, mit der Hand halten. Einen Monat später „[…] kann es die Hände in der Mitte zusammenführen“¹, sodass die Hand-Hand-Koordination einsetzt. Außerdem schaut das Kind den Gegenstand in seiner Hand an, wodurch zusätzlich die Augen-Hand-Koordination ausgebildet wird. Dies ist eine wichtige Fähigkeit zur Entwicklung der Geschicklichkeit, speziell mit der Hand.

Da das Baby anfängt seine Umwelt zu erkunden, werden die Greiffunktionen, die Sinne und auch die Förderung der Handdominanz geschult. Im 4. Monat werden die Hand-Hand-Koordination und die Augen-Hand-Koordination durch Zusammenführen beider Hände über den Körper weiterhin zielbewusst ausgebildet, woraufhin das Kind nach Spielzeugen greift, welches es gerade erblickt hat.

Zusätzlich wird die zweite Hand dazugenommen. In diesem Abschnitt ist ein „[…] symmetrischer Hand-Hand-Gebrauch“² erkennbar, welcher der gesunden Hirnreifung entspricht. Ist das nicht der Fall, das heißt treten Asymmetrien auf, so können schon in diesem Alter erste Hinweise auf spätere motorische, sensorische oder neurologische Störungen erfasst werden. Im 5. Lebensmonat fasst das Baby zunehmend greifbare Gegenstände an, um diese zu erfühlen und zu erkunden.

Dabei ermöglicht die Hand-Hand-Koordination die beidhändige Manipulation dieser Gegenstände. Das heißt der Gegenstand wird mit einer festgehalten, während die andere ihn intensiv betasten kann. Dadurch kommt es erstmalig zu einer Haltehand und einer Arbeitshand. Diese wechseln jedoch stark, da das Kind jeweils die Hand bevorzugt, womit der Gegenstand leichter zu ergreifen ist.

Einen Monat später kann es bereits Gegenstände oder Spielzeuge von Hand zu Hand mehrfach übergeben. Dabei bemerkt das Kind, dass es mit den Händen „[…] unterschiedliche Bewegungen ausführen kann“³. Im 7. Monat werden Formen und Beschaffenheit dieser Dinge erkundet. Dabei wird die Hand- Hand-Koordination sicherer, was eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung von Arbeits- und Haltehand ist und dadurch auch für die Ausbildung der Handdominanz.

Dennoch arbeiten beide Gehirnhälften noch nicht ausreichend zusammen, sodass das Baby das erste Spielzeug fallen lässt, wenn es ein zweites in die zweite Hand gegeben bekommt. Jedoch lernt es zunehmend das einhändige Greifen und legt das beidhändige langsam ab. Anschließend im 8. Monat kann es nun die Gegenstände nacheinander mit je einer Hand fassen und festhalten, da die Hälften des Gehirns besser gemeinsam koordinieren.

Durch das Hinunterwerfen von Spielsachen wird mit der sogenannten Raum- und Blickrichtung experimentiert, dennoch gibt es keine erkennbare bevorzugte Hand, sodass die linke und rechte Hand in gleicher Weise gebraucht werden.

¹ Kirsch, Andrea ; Pauli, Sabine: „Linkshänder – Na klar! Das Praxisbuch über linkshändige Kinder“ / Verlag Modernes Lernen Dortmund / 2011 / S. 25
² Ebenda / S. 25
³ Ebenda / S. 26
Vgl. ebenda / S. 26
Vgl. ebenda / S. 26

Im Zeitraum des 9. Monats können isolierte Fingerbewegungen wahrgenommen werden, das heißt das Kind kann nun „[…] zwei kleinere Gegenstände nacheinander mit einer Hand“¹ greifen und dabei die Finger unterschiedlich und unabhängig voneinander einsetzen. Diese isolierten Bewegungen sind eine wichtige Voraussetzung zur Auseinanderhaltung der Finger- und der Handkoordination.

Im 10. Monat und 11. Monat erkundet das Kind die einzelnen Funktionen der Gegenstände beziehungsweise Spielzeuge, wie zum Beispiel das Drehen dieser zum Ertasten aller Seiten, dabei sammelt es erste Kenntnisse über Drehrichtungen. Ebenso lernt das Kind das Ausräumen von Gefäßen mit einer Hand, während die andere dieses festhält.

Dabei kann man ebenfalls die Differenzierung von Halte- und Arbeitshand erkennen, trotzdem findet noch ein ständiger Handwechsel statt, das heißt es wird teilweise mit der rechten Hand und teilweise mit der linken Hand gearbeitet. Mit einem Jahr beziehungsweise 12. Monaten setzt der Werkzeuggebrauch ein. Dabei wird zum ersten Mal Besteck, wie zum Beispiel ein Löffel, zum Essen gebraucht.

Durch die gesammelten Erfahrungen im Bereich des Tastens und der Bewegungen, gelingt dem Kind der Umgang mit solchen Werkzeugen gut. Dabei kristallisiert sich die bevorzugte Hand erstmalig heraus, wird jedoch von dem Kind nicht bewusst wahrgenommen. Um die Händigkeit nun nicht zu beeinflussen, ist es wichtig, dass Werkzeuge, wie zum Beispiel Besteck, oder Gegenstände, wie zum Beispiel Tassen, mittig des Tisches platziert werden, damit das Kind selbst entscheiden kann mit welcher Hand es diese gebrauchen möchte.²

„Nach dem ersten Lebensjahr werden nun die Entwicklungsschritte in größeren Altersabschnitten dargestellt […]“.³ Der erste Abschnitt gilt vom 12. bis 15. Monat. In dieser Zeit möchte das Kind zunehmend selbständiger werden, dadurch wird auch der Gebrauch von Werkzeugen weiterhin trainiert. Bei dem Essen mit einem Löffel wird nun der sogenannte Faustgriff angewandt.

Außerdem beginnt es Gegenstände, wie Schlüssel oder Wasserhähne, zu drehen und entdeckt dabei die Ergebnisse abhängig davon, in welche Richtung der Gegenstand gedreht wird. Dabei ist es wichtig, dass je nach den körperlichen Gegebenheiten Rechtshänder mit Kraft verbundene Drehungen im Uhrzeigersinn und Linkshänder gegen den Uhrzeigersinn ausführen.

Zusätzlich zeigt das Kind mit seinem Zeigefinger vermehrt auf Dinge, die es interessant findet und um auf diese hinzuweisen. Folglich dient dieses Zeigen also auch als Kommunikationsmittel. Hierbei ist bereits eine bevorzugte Hand erkennbar. Im 15. bis 18. Lebensmonat wird der Umgang mit dem Löffel beim Essen sicherer. Es können verstärkt isolierte Fingerbewegungen erkannt werden, in Form von bohren oder kratzen.

Außerdem gelingt es dem Kind, nun feinmotorische Aufgaben zu verrichten, wie zum Beispiel das Entfernen von Bonbonpapier, um dieses auszupacken.

¹ Kirsch, Andrea ; Pauli, Sabine: „Linkshänder – Na klar! Das Praxisbuch über linkshändige Kinder“ / Verlag Modernes Lernen Dortmund / 2011 / S. 27
² Vgl. ebenda / S. 27-28
³ Ebenda / S. 28

Diese und andere Fähigkeiten schulen zusätzlich die Ausbildung der Halte-und Arbeitshand.¹ Zwischen dem 10. und 20. Monat kann nun bei einigen Kindern eine Bevorzugung der linken oder rechten Hand „[…] bei Tätigkeiten, wie Essen, Trinken, Spielzeug ergreifen und erstem Benutzen eines Stifts“² beobachtet werden.

Im Zeitraum von 11⁄2 bis 2 Jahren gelingen vor allem beidhändige Aufgaben, wie zum Beispiel Dosen und Flaschen aufzudrehen. Dabei werden Arbeits- und Haltehand deutlich sichtbar. Bei ersten Versuchen zu malen, experimentiert das Kind und entscheidet schließlich selbst, welche Hand dafür persönlich besser geeignet ist und setzt diese dann zunehmend ein.

Anschließend mit 2 bis 2 ½ Jahren wird das Essen zunehmend sicherer und selbstständiger, nimmt aber sehr viel Zeit in Anspruch, das heißt es dauert ziemlich lange. Dennoch wird, beispielsweise der Löffel, spontan und ohne Beeinflussung in der dominanten bevorzugten Hand gehalten. In diesem Punkt ist es wichtig, dass das Kind frei entscheiden kann, welche Hand es zum Malen oder Essen einsetzt und darf keinesfalls dazu gedrängt werden, die, in den meisten Fällen, rechte Hand zu verwenden.³

Mit 2 ½ bis 3 Jahren kann es bereits Wasserhähne und Flaschen auf- und zudrehen. Dabei kann auf vorherige Erfahrungen zurückgegriffen werden, die durch die Erkundung von Spielzeug, speziell beim Drehen und Wenden, gesammelt wurden. Je besser die Arbeit- und Haltehand nun ausgeprägt sind, „[…] desto besser kann [sich das Kind] die Drehrichtung merken“.

Es beginnt mit Bauklötzern zu spielen und baut dabei erste Türme oder reiht diese aneinander. Dadurch kann eine priorisierte Spielrichtung erkannt werden, denn linkshändige Kinder stützen sich bevorzugt mit ihrer rechten Hand ab, wodurch sie die linke Hand zum Greifen und Spielen gebrauchen und somit von rechts nach links mit beispielsweise Spielsteinen bauen.

Außerdem verläuft auch ihre Blickrichtung von rechts nach links. Genau anders herum ist es bei rechtshändigen Kindern. Das Öffnen von Reißverschlüssen und größeren Knöpfen können Kinder im Alter von 3 bis 31⁄2 Jahren. Durch die verstärkt ausgeprägte Halte- und Arbeitshand fällt ihnen dieser Vorgang nicht schwer.

Jedoch sind die meisten Verschlüsse, wie Knöpfe oder Reißverschlüsse, für Rechtshänder ausgelegt. Dadurch fällt es einem linkshändigen Kind schwerer, diese zu öffnen und muss deshalb „[…] umständlich umgreifen oder [sogar] die rechte Hand benutzen“. Zusätzlich hantiert das Kind erstmalig mit einer Schere. Dabei experimentiert es, beidhändig zu schneiden, merkt aber, dass dies nicht gut gelingt und benutzt nur eine Hand.

Hier ist zu beachten, dass man dem Kind bereits zum jetzigen Zeitpunkt eine Linkshänderschere geben soll, wenn dieses bevorzugt mit der linken Hand schneidet. Beim Malen kann man den Dreipunktgriff beim Halten des Stiftes erkennen, wodurch die Zeichnungen präziser werden. Es entstehen erste geometrische Formen, wie beispielsweise Kreuze oder Vierecke.

¹ Vgl. Kirsch, Andrea ; Pauli, Sabine: „Linkshänder – Na klar! Das Praxisbuch über linkshändige Kinder“ / Verlag Modernes Lernen Dortmund / 2011 / S. 28-29
² Ebenda / S. 29
³ Vgl. ebenda / S. 29-30
Ebenda / S. 30
Ebenda / S. 31

Hierbei kann ebenfalls eine Richtung erfasst werden. Linkshänder ziehen waagerechte Striche häufig von rechts nach links, während rechtshändige Kinder Striche von links nach rechts ziehen. Die Ursachen dafür sind, dass die Blick- und Wahrnehmungsrichtung der Linkshänder meist von rechts nach links verläuft und auch die anatomischen Gegebenheiten zeigen, dass es schwerer ist, einen Strich zu schieben, als zu ziehen.

Mit 3½ bis 4 Jahren kann das Kind verschiedene Kleidungsverschlüsse öffnen und schließen. Außerdem gelingt ihm zunehmend das Ausschneiden von einfachen geometrischen Formen. Je öfter das Kind diese Tätigkeit durchführt, desto besser kann es für sich selbst eine Schneidrichtung erkennen. Bei linkshändigen Kindern verläuft diese im Uhrzeigersinn, also von links nach rechts, und bei Rechtshändern gegen den Uhrzeigersinn.

Zusätzlich werden erstmals Schraubenzieher oder Hammer, die als Kinderwerkzeuge gelten, genutzt und ausprobiert. Dabei stellt das Kind fest, wie es beispielsweise die Schraube richtig dreht. Durch das Rollen in beiden Händen kann es bereits auch eine Kugel aus Knete formen. Dabei ist die Hand, die oben hantiert, meist die dominantere. Beim Malen von ersten menschlichen Darstellungen kann man die Platzierung dieser auf einer Blattseite beobachten.

In der rechten Hälfte des Blattes malen meist Linkshänder und in die linke Rechtshänder. Jedoch ist das noch kein sicheres Indiz für die Händigkeit, da die Blattseiten auch wechseln können.¹ Mit würfeln und dem Setzen von Spielfiguren beginnen Kinder im Altersabschnitt von 4 bis 4½ Jahren. Dabei greift es den Würfel mit der Hand, mit der es ihn besser erreichen kann.

Außerdem ist das Kind in der Lage Brettspiele zu spielen, da es ein Verständnis für Spielregeln entwickelt. Man kann beobachten, welche Hand es benutzt, um Spielfiguren zu setzen, ohne dass die anderen Figuren dabei umstürzen. Durch erste Bastelarbeiten bilden sich Halte- und Arbeitshand mehr und mehr aus und die Stabilisierung der Händigkeit nimmt somit zu.²

Mit 4½ bis 5 Jahren sollte die Ausprägung der Händigkeit deutlich abgeschlossen sein. Im Umgang mit Besteck ist diese gut erkennbar, da linkshändige Kinder oft „[…] das Messer links und die Gabel rechts“³ halten. Doch aus eigenen Gegebenheiten weiß ich, dass Linkshänder Messer und Gabel genauso halten, wie Rechtshänder. Die Ursache dafür, ist die Nachahmung.

Gerade im Kindergarten habe ich oft den Spruch gehört: „Links die Gabel, rechts das Messer.“, ohne dass es einen Zweck der Umschulung beinhaltete. Dadurch habe ich mich an diese Haltung gewöhnt und finde es auch angenehmer. Trotzdem bin ich in der Lage, das Besteck so zu halten, wie es für einen Linkshänder eigentlich typisch ist und damit auch zu essen. Somit kann der Umgang mit Besteck keine genauen Ergebnisse für die Händigkeit aufweisen. Zusätzlich bringt man dem Kind bei, wie man einen Knoten macht.

¹ Vgl. Kirsch, Andrea ; Pauli, Sabine: „Linkshänder – Na klar! Das Praxisbuch über linkshändige Kinder“ / Verlag Modernes Lernen Dortmund / 2011 / S. 31-33
² Vgl. ebenda / S. 33
³ Ebenda / S. 34

Dabei kann es auf die gesammelten Richtungserfahrungen zurückgreifen. Hier wird von einem linkshändigen Kind die kompliziertere Schlaufbewegung mit der linken Hand durchgeführt. Es beginnt auch mit der Unterscheidung beider Körperhälften und kann dabei verschiedene Stellungen von anderen Personen nachahmen.

Jedoch bleiben die Begriffe links und rechts noch undeutlich, da es eine Frage der Perspektive ist und sie somit für das Kind zu diesem Zeitpunkt noch nicht verständlich sind.
In diesem Alter ist die Händigkeit, wie bereits genannt, ausgeprägt. Die Entwicklung sollte jedoch trotzdem nicht aus den Augen verloren werden.1

¹ Vgl. Kirsch, Andrea ; Pauli, Sabine: „Linkshänder – Na klar! Das Praxisbuch über linkshändige Kinder“ / Verlag Modernes Lernen Dortmund / 2011 / S. 34-35