Pages Menu
Categories Menu

9.2 Rücksichtnahme auf Linkshänder im Elternhaus, in der Schule und in der Freizeit – (10/2016)

In einer Welt, in der die Rechtshänder dominierend sind, ist es sehr wichtig, dass auf die Linkshänder besonders durch ihr soziales Umfeld Rücksicht genommen wird. Sind Eltern, Lehrer und Bekannte nicht ausreichend informiert, wissen diese gar nicht, mit welchen Problemen Linkshänder tagtäglich konfrontiert werden. Deshalb spielt es eine wichtige Rolle, über angemessenes Wissen zu verfügen, sodass präventiv gehandelt werden kann.

Das beginnt bereits in den eigenen vier Wänden. Eltern sollten bei der Einrichtung des Kinderzimmers darauf achten, dass die Gegenstände auf dem Schreibtisch Linkshänder- gerecht platziert werden. Damit für den linken Arm genügend Bewegungsfreiheit garantiert ist und das Licht optimal einfällt, sollte sich die Schreibtischlampe auf der rechten oberen Tischecke befinden.¹

Auch eine Schreibunterlage ist hilfreich, um auf die richtige Blattlage einzugehen. Ist das Blatt nicht optimal positioniert (siehe 9.1 Linkshänderprodukte), wird die Tinte verwischt und das Geschriebene ist unbrauchbar.
Des Weiteren sollten im Haushalt Gebrauchsgegenstände, die für Linkshänder ausgerichtet sind, vorhanden sein.

So können sich Linkshänder selbstständig betätigen. Anderenfalls wären sie schon bei Kleinigkeiten, wie dem Öffnen einer Dose auf Hilfe angewiesen. Es eignen sich gleichermaßen Produkte, die für jede Händigkeit nutzbar sind, wie beispielsweise ein zweischneidiger Gemüseschäler.²

Bleibt man in der Küche, so muss auf dem Essenstisch bestenfalls das Glas links vom Teller stehen.
Die Gabel liegt für Linkshänder rechts vom Teller, das Messer hingegen links.³
Neben gemeinsamen Mahlzeiten gehört zum Familienalltag das familiäre Miteinander. Wählt man dafür ein Kartenspiel, sind beidseitig bedruckte Karten von Vorteil, damit Linkshänder einen guten Überblick über ihr Blatt haben.

¹ Vgl. Bremer, Judith: „Einfach links schreiben: praktischer Ratgeber für Eltern, Lehrer und Erzieher“/VAK Verlags GmbH Kirchzarten bei Freiburg/2010/S. 100
² Vgl. Vasterling, Almuth; Weiland, Gabriele; Sattler, Johanna Barbara: „Linke Hand – Rechte Hand: Ein Ratgeber zur Händigkeit (für Eltern, Pädagogen und Therapeuten)“/Schulz- Kirchner Verlag Idstein/2011/ S.47
³ Ebenda, S. 52
Vgl. Kisch, Andrea; Pauli, Sabine: „Linkshänder – Na klar! Das Praxisbuch über linkshändige Kinder“/ Verlag Modernes Lernen Dortmund/2011/S. 99

Ist eine Fahrradtour geplant, sind am Fahrrad des Linkshänders die Klingel auf der rechten Lenkerseite zu befestigen und die Vorderbremse mit der Hinterbremse (bei Fahrädern ohne Rücktritt) umzumontieren oder in einer Werkstatt ändern zu lassen. Anderenfalls bestünde eine höhere Unfallgefahr, denn beim Bremsen reagiert die dominierende (linke) Hand schneller.

Es würde demnach vor der Umstellung des auf Rechtshänder ausgelegten Fahrrades zuerst das Vorderrad mittels der linken Bremse gestoppt werden, was die Sturzwahrscheinlichkeit steigert, da man bei der abrupten Vorderradbremsung oftmals kopfüber unwillkürlich über den Lenker fällt.¹

Eine gesicherte Unterstützung, Verständnis und Empathie sind für die Linkshänder notwendig, um bei Komplikationen einen Rückhalt zu haben.
Die Eltern sollten für ihr linkshändiges Kind nicht nur das Zuhause weitestgehend anpassen und Rücksicht nehmen, sondern außerdem darüber aufklären und dabei helfen, dass sie in der Schule auf Schwierigkeiten stoßen könnten. Hierfür wäre es ratsam, mit den Lehrern ein Gespräch zu führen.

Für Lehrer spielt das Wissen über die Händigkeit zum Beispiel eine Rolle bei der Festlegung des Sitzplanes. Linkshändigen Schülern fällt das Schreiben häufig leichter, wenn sie auf dem linken Platz sitzen, denn dort ist – abgesehen von einem Fensterplatz – die Armfreiheit auf der linken Seite größer. Der Vorteil besteht dabei darin, dass sich die Banknachbarn gegenseitig weniger behindern.

„Zum Beispiel hat man kürzlich (Stand 2009, Anm. d. Verf.) in einer Studie der Left-Handers‘ Association herausgefunden, dass 99 % (!) der Linkshänder unter 25 Jahren (…) mit dem Schreiben schlechte Erfahrungen gemacht haben (…).“² Um ein solches Ergebnis nicht erneut zu erhalten, ist es angebracht, die Lehrer in diesem Gebiet besser weiterzubilden. Außerdem können rechtshändige Schüler auf die Linkshändigkeit aufmerksam gemacht werden, indem es im Unterricht thematisiert wird.

Nach dem Unterricht sind Hobbys ein wichtiger Bestandteil im Leben der Heranwachsenden. Ein Teil möchte Instrumente erlernen. Doch die meisten Instrumente sind nicht für Linkshänder ausgelegt. Abgesehen davon, fällt es vielen Musikschullehren schwer, umzudenken, da ihnen die Erfahrungen fehlen.

Leicht ist es aber, besonders Streichinstrumente oder die Gitarre umzustellen, damit sie von linkshändigen angehenden Musikern gespielt werden können. Gute Vorbilder sind Berühmtheiten wir Kurt Cobain oder Paul McCartney. Mit Sicherheit wird kein Schüler von seinem Musiklehrer schlechter behandelt, zumal die Lehrer ebenfalls dazulernen. Es sollte folglich als Bereicherung angesehen werden.

Auch im Sport ist es ähnlich. Hier sind Linkshänder sogar oftmals im Vorteil gegenüber rechtshändigen Sportlern. Sie können mit ihrer Vorgehensweise die Rechtshänder überraschen, da für sie die Reaktionen überraschend und ungewohnt sind. Auch, wenn Linkshänder in der Unterzahl sind, haben sich Größen, wie Muhammad Ali durchgesetzt und viele Siege eingeholt.
Wenn das soziale Umfeld hinter dem Linkshänder steht und ihn unterstützt, hat dieser schon gewonnen.

¹ Vgl. Kisch, Andrea; Pauli, Sabine: „Linkshänder – Na klar!“ / Verlag modernes lernen Dortmund/2011/S. 105
² Milsom, Lauren: „Ich mach das mit links!: Übungen und Tipps für linkshändige Kinder und ihre Eltern“ / Urania Verlag Stuttgart/2009/S. 78