7.1 Ursachen der Umschulung (09/2014)
Sucht man Gründe für die Umschulung, muss man die unterschiedliche Bewertung von links und rechts im Laufe der Geschichte betrachten. Die linke Seite wurde, wie im Punkt 3 beschrieben, als die Schlechte bezeichnet und ihr eine negative Bewertung entgegengebracht.
Die Ursachen dieser Vorurteile können in religiös-ideologischen Hintergründen als auch in Traditionen bestimmter Menschengruppen liegen. So führt die gesellschaftliche Voreingenommenheit unter anderem dazu, dass wir in einer Rechtshänder-orientierten Gesellschaft leben, in der viele Kinder deshalb auf die nicht dominante Hand umgeschult wurden.
Dabei kann die Umerziehung zum Einen in der Schule stattfinden, indem durch die Lehrer ein Verbot des Schreibens mit der linken Hand ausgesprochen wird, wie Swen Hübschmann im Interview mitteilte, oder aber auch durch das familiäre Umfeld, indem Eltern auf das Schreiben mit rechts bestehen, wie Silvia Paul erläuterte.⁵⁵
⁵⁵ Vgl., Interview mit Silvia Paul und Swen Hübschmann.
Die Umschulung der Händigkeit wurde aber auch oft schon vor Schuleintritt begonnen, da so vermieden werden sollte, dass das Kind überhaupt die linke Hand zum Schreiben benutzte. Daher wissen viele Betroffene nicht, ob sie mit links schreiben könnten. Diese Personen bezeichnet man als Pseudorechtshänder, da ihnen nicht bewusst ist, dass sie eigentlich Linkshänder sind. Genauere Angaben hierzu in Punkt 8.
Heutzutage liegt der Hauptgrund für die Umschulung in der Anpassung an die Gesellschaft, die in vielen Bereichen auf Rechtshänder ausgerichtet ist, welche im Punkt 5 nachzulesen sind. Vor allem Kleinkinder wollen keine Ausnahme darstellen und schauen sich so bestimmte Gebräuche von anderen Kindern ab. Denn für sie steht es an erster Stelle, nicht aufzufallen.⁵⁶ Durch diese Anpassung erhoffen sie sich, die gewünschte Zuneigung und Akzeptanz in der Gesellschaft zu erlangen.
Da Linkshändigkeit heutzutage als etwas natürlich Gegebenes und nicht als falsch angesehen wird, werden nur noch selten Kinder umgeschult. Vor allem umgeschulte Linkshänder würden ihre linkshändigen Kinder niemals umerziehen, wie Swen Hübschmann und Silvia Paul im Interview bestätigen.
So sieht Silvia Paul diesen Prozess als „Eingriff gegen die Natur“⁵⁷ an und hat den Großeltern verboten, ihrem Sohn das Schreiben mit rechts zu lernen. Schon bei Kleinkindern kann man beim Greifen von Gegenständen erkennen, welche die dominante Hand ist, und so sollte man den Kindern auch zugestehen, diese Hand zum Schreiben zu nutzen.⁵⁸
⁵⁶ Vgl., Sattler, Johanna Barbara, Der umgeschulte Linkshänder, S.52.
⁵⁷ Anhang, III 4.2.
⁵⁸ Vgl., Anhang, III 4.3.