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3.2 Die Verteilung der Linkshändigkeit in der Bevölkerung – (11/2011)

Wie bereits erwähnt, gibt es in der Gesellschaft eine Dominanz der Rechtshänder. Ein Grund dafür liegt darin, dass viele Linkshänder in ihrer frühen Kindheit umgeschult wurden und sich selbst als Rechtshänder oder als Beidhänder wahrnehmen. Auch Statistiken geben keine genauen Auskünfte über den Anteil der linkshändigen Bevölkerung.

Einige sagen, es handele sich um fast die Hälfte, andere sprechen von 20 bis 30%. Und wiederum andere schätzen, dass nur 3,5% der Weltbevölkerung linkshändig sind. Auch die von uns durchgeführte Umfrage bestätigte diese Aussagen. Von 220 Befragten gaben nur 36 an, Linkshänder zu sein, wobei einige auch Unsicherheiten im Handgebrauch aufwiesen.

Sie gaben an, den Handgebrauch zu wechseln. Das deutet darauf hin, dass sie früher umgeschult wurden und sich ihrer Händigkeit nicht bewusst sind. Wir haben auch Rechtshänder befragt wie viele Linkshänder sie kennen, durchschnittlich sind ihnen 5,31 linkshändige Personen bekannt. Das ist im Verhältnis zum Bekanntenkreis gesehen eine sehr geringe Zahl. Auch gaben die Rechtshänder im Schnitt an, dass sie denken, dass 22,95% der Weltbevölkerung linkshändig ist. Nur 12 Personen gaben 50% an.

Alle Befragten schätzten den Anteil der Linkshänder sehr gering ein. Ein Grund dafür könnte sein, dass man oft Linkshänder in seinem Umfeld gar nicht wirklich wahrnimmt. Auch bei der Selbsteinschätzung der Händigkeit gibt es Probleme. Wurde nur die Schreibhand als Kriterium verwendet, mit den Probanden eine individuelle Händigkeitsbestimmung durchgeführt oder beruht es lediglich auf eine Selbsteinschätzung der Teilnehmer.¹

Auch der Bereich, in dem die Befragung durchgeführt wurde, ist von Bedeutung. Handelt es sich um einen speziellen Bereich, z.B. eine Kindertagesstätte in der besonders förderungsbedürftige Kinder aufgenommen werden, wie der Arbeitsort unserer Außenbetreuerin Silke Presch (siehe Anhang 3, Frage 2).

Frau Presch besitzt zusätzlich eine Qualifikation als Linkshandberaterin. Sie kann dadurch linkshändige Kinder beim Spielen eher erkennen und dann auf Wunsch der Eltern eine Testung der Händigkeit nach Frau Dr. Johanna Babara Sattler durchführen. Genauso spielt das Alter der Testpersonen eine Rolle.

In der Generation unserer Großeltern, also zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wurde die linke Hand noch als die „falsche“ Hand betrachtet und daher nicht gefördert, sondern konsequent umgeschult. Der Tscheche M. Sovak hat 1962 einen Test mit 1000 Kindern ausgeführt, indem er ihre Händigkeit ermittelt hat. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Erbanlagen für die Rechts- und Linkshändigkeit noch relativ gleichmäßig verteilt sind. Nach seiner Auffassung hat sich das Verhältnis nur zur Rechtshändigkeit verschoben, weil die Zivilisation mehr nach rechts orientiert ist.

Diese Annahme wird von der approbierten Psychotherapeutin Dr. Johanna Babara Sattler unterstützt: “Es gibt zahlreiche statistische Untersuchungen, nach denen die Auftretungshäufigkeit der Linkshändigkeit in der Bevölkerung unterschiedlich eingeschätzt wird. Sie bewegt sich zwischen 5 und 25%, und es bestehen Hypothesen, wonach auch ein 50%iger Bevölkerungsanteil für wahrscheinlich gehalten wird.“²

Ausschlaggebend für die unterschiedlichen Ergebnisse ist die Bestimmung, bei welchen Tätigkeiten und ab welchem Ausprägungsgrad man von Linkshändigkeit spricht.³

Der Neurologe Chris MC Manus (University College in London) belegt die Verteilung der Händigkeit, mit einem von ihm angenommenen Vererbungsmechanismus. In seinen Augen ist ein Gen mit zwei etwaigen Ausprägungen – „D (‚Dextral‘) für rechtshändige und C (‚change‘) für Zufall.“ Personen mit der Verbindung DD haben aufgrund dessen eine Präferenz der rechten Hand. Bei der Kombination CC erfolgt die Verteilung zufällig und bei CD ist der Mensch entweder Rechtshänder oder die Händigkeit wird vom Zufall bestimmt. Somit ergibt sich eine wahrscheinliche Verteilung von der Linkshändigkeit von 35%.

Pädagogen stellten in den letzten Jahren jedoch einen Anstieg von linkshändigen Schülern fest. Die Ursachen dafür können in der immer größer werdenden Toleranz der Gesellschaft und den immer genaueren und moderneren Diagnostik-Methoden liegen.

¹ vgl. Weber, S. 22-23
² Meyer, S.23
³ vgl. Meyer, S.23-24
Freies , S.7
vgl. Freies Wort, S.7

Es wird angenommen, dass der Anteil der linkshändigen Bevölkerung um einiges größer ist, als bisher vermutet wurde. Kinder die Linkshänder sind, werden also nicht mehr als eine kaum beachtete Minderheit gesehen, die Gesellschaft unterstützt sie mehr und mehr.

Der Chefarzt der Neurologie, Björn Wito Walther, am SRH Zentralklinikum in Suhl erklärt, dass „Linkshändigkeit kein Defizit ist.“ Nach seinen Annahmen könnten allein in Thüringen „mehr als 200000 Linkshänder“ leben. Er nimmt auch an, dass die Zahl der „genetischen Linkshänder“ um einiges höher liegt.

vgl. Weber, S. 22-23
vgl. Freies Wort, S. 8