Pages Menu
Categories Menu

2.3 Sprachdominanz – (12/2015)

Um herauszufinden, in welcher der beiden Hemisphären sich das Sprachzentrum befindet, werden unterschiedlichste Beobachtungen und Untersuchungen durchgeführt. Ein wichtiger Schritt hierbei sind die Experimente von Roger W. Sperry an Split-Brain-Patienten. Bei diesen Versuchen werden Gegenstände sowohl vor das Gesicht unbeeinträchtigter Testpersonen projiziert als auch vor die jeweils rechte und linke Gesichtshälfte der Split-Brain-Patienten.

Diese Testpersonen können problemlos „[…] [die jeweiligen Gegenstände] heraussuchen, sie benennen, den zugehörigen Begriff lesen oder aufschreiben“ (Jendrusch/ Ritschel/ Wachtel, 2009, S. 65). Ein identisches Ergebnis wird erzielt, wenn die Gegenstände vor die rechte Gesichtshälfte der Split-Brain-Patienten projiziert werden, wobei die linke Hirnhälfte aktiv ist.

Ebenso wenige Probleme haben diese Patienten bei der Durchführung der Versuche. Werden die Gegenstände vor die linke Gesichtshälfte der Split-Brain-Patienten projiziert, so ist die rechte Hirnhälfte aktiv und die Testpersonen können auch hier problemlos den zugehörigen Gegenstand herausfiltern. Allerdings treten Probleme bei der Gegenstandsbenennung sowie beim Lesen gewisser Worte, welche vor diese Gesichtshälfte projiziert werden, auf.

Als Ergebnis dieser Untersuchungen wird festgehalten, dass das Sprachzentrum aller Rechtshänder sowie zahlreicher Linkshänder in der linken Hemisphäre platziert ist. Bei einigen Linkshändern ist es aber auch in die rechte Hirnhälfte verschoben oder auf beide Hemisphären verteilt (Jendrusch/ Ritschel/ Wachtel, 2009, S. 65 ff.). Ähnliche Experimente führte ein russischer Forscher namens Deglin um 1967 durch, jedoch nicht an Split-Brain-Patienten.

Durch einen sogenannten „einseitigen Elektroschock“ (Sattler, 2004, S. 30) gelang es ihm, eine der beiden Hemisphären unbeeinträchtigter Testpersonen auszuschalten, während die jeweils andere ohne Einschränkungen weiterarbeiten kann. Die Ergebnisse dieser Versuche ähneln denen der Experimente von Roger W. Sperry.

Ist die rechte Hirnhälfte ausgeschaltet und die linke aktiv, so bleibt die Sprache erhalten und es kommt zu einem „[…]Anstieg aller sprachlichen Aktivitäten […]“ (Sattler, 2004, S. 34). Hinzu kommt, dass die Gesprächs- beziehungsweise Diskussionsbereitschaft wächst. Außerdem kommt es zu einem umfangreicheren Wortschatz und auch die Antworten der Testpersonen werden ausführlicher.

Das Gegenteil wird erzielt, wenn die rechte Hemisphäre in Aktion ist, während die linke Hirnhälfte ausgeschaltet wird. Hierbei ist die Sprache der Testpersonen sehr eingeschränkt und der Wortschatz hat einen kleineren Umfang. Ebenso erscheinen die Äußerungen und Antworten der Testpersonen in sehr kurzen und einfach gebauten Sätzen (Sattler, 2004, S. 34).

Somit kann als Ergebnis von Deglins Experimenten, wie auch bei denen von Sperry, festgehalten werden, dass das Sprachzentrum seinen Platz vorwiegend in der linken Hemisphäre hat – sowohl bei Rechts- als auch bei Linkshändern. Dennoch soll dieses „[…] rudimentäre Ansätze […]“ (Sattler, 2004, S. 34) in der rechten Hirnhälfte haben. Somit besteht bei Kindern, welche Verletzungen an der linken Hirnhälfte erlitten haben, die Chance, das Sprachzentrum in der rechten Hemisphäre auszubilden.