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2.3.1 Wissenschaftliche Dominanztests – (11/2005)

Bei vielen Menschen ist es schon im Kleinkindalter sehr offensichtlich, zu welcher dominanten Hand sie neigen. Beim Malen halten sie den Stift immer in der Hand, mit der sie auch einen Ball werfen und sie nehmen den Löffel beim Essen in die auch sonst meistbenutzte Hand.

Es gibt auch Kinder, bei denen der Gebrauch der Hände sehr oft wechselt und bei denen auf den ersten Blick kein Muster zu erkennen ist. Für häufig auszuführende Tätigkeiten, wie bestimmte Sportarten oder das Erlernen eines Instruments, kann es aber von großer Wichtigkeit sein, die dominante Hand zu erkennen und sie zu gebrauchen. Anderenfalls kann es zu einer Umstellung des Gehirns kommen, welche sich auf verschiedene Bereiche, wie zum Beispiel die Motorik auswirken kann.¹⁴ (vergleiche Kapitel 3.3.1.2)

Bei Kindern mit nicht eindeutiger Dominanz einer Hand ist es daher sinnvoll, eine Untersuchung zur Händigkeit zu machen. Ein solcher Test sollte in der Vorschulzeit bzw. im Kindergartenalter durchgeführt werden, da sich die Entwicklung des Kindes zu diesem Zeitpunkt noch am Besten steuern lässt.

Mit hundertprozentiger Sicherheit kann man die Händigkeit eines Menschen nur bestimmen, indem man die Hirndominanz testet. Eine der Hirnhälften muss dazu betäubt werden um zu prüfen, wozu das Kind dann noch in der Lage ist. Solche Tests werden jedoch nicht durchgeführt, weil die Schwere des medizinischen Eingriffs nicht im Verhältnis zum Ergebnis steht.

Die Händigkeit lässt sich etwa ab dem vierten bis sechsten Lebensjahr ausmachen. Professionelle Tests können, wenn überhaupt, von Ergo- und Mototherapheuten, Heilpädagogen, Schulpsychologen und Sozialpädagogen durchgeführt werden.
Um die Händigkeit eines Menschen zu bestimmen, müssen sehr viele Aspekte berücksichtigt werden. Manchmal ist es auch nötig, diese über einen längeren Zeitraum hinweg zu beobachten. Die Schreibhand gibt nicht immer Aufschluss über die Händigkeit und somit auch nicht über die bevorzugt genutzte Hand. Da Linkshändigkeit früher als Makel angesehen wurde, lernten viele Linkshänder unter Zwang mit der rechten Hand zu schreiben (vergleiche Kapitel 3.3). Um Gewissheit über die Hirn- und Handdominanz zu erlangen, wurden verschiedene Tests entwickelt, die die Vererbung und somit die familiäre Herkunft, sowie frühe Kindheitserfahrungen und den heutigen Umgang mit der rechten und linken Hand analysieren.

Es lässt sich aber nicht vermeiden, auch auf die Untersuchung von Fuß, Auge und Ohr näher einzugehen, da nicht nur die Hand, sondern eine gesamte Körperseite von der gegenüberliegenden Hirnhälfte gesteuert wird. Das dominante Auge beispielsweise ist jenes, mit welchem man durch Schlüssellöcher, Ferngläser oder Fotolinsen schaut. Außerdem könnte man auch mit einem Auge einen entfernten Gegenstand anfokussieren und mit dem Finger darauf zeigen. Das dominante Auge ist jenes, mit welchem man sieht, dass man noch immer mit dem Finger auf den Gegenstand zeigt.

Es gibt einige typische Anzeichen, linkshändige von rechtshändigen Kindern zu unterschei- den. Das Schreiben in Spiegelschrift und das Blättern in einem Buch von hinten nach vorne tritt häufig bei Linkshändern auf, ist aber auch bei rechtsdominanten Kleinkindern sehr ver- breitet (siehe Anlage 2). Auch ein kleiner und alltäglicher Test kann schon eine Tendenz zur Orientierung des Kindes liefern. Wenn das Kind zum Beispiel die Hände im Schoß faltet, sollte man feststellen, welcher der beiden Daumen oben liegt. Der Linkshänder hat meist den rechten Daumen oben.

Es gibt viele Tätigkeiten bei denen beide Hände benutzt werden. Manchmal stellt sich die Führungshand nicht ganz klar heraus aber das führt nicht gleich zu einem Händigkeitswechsel oder zu Irritationen.
Es ist jedoch erwiesen, dass weder mit professionellen Tests noch mit alltäglichen Beobachtungen die Händigkeit eines Menschen hundertprozentig und vollkommen sicher bestimmt werden kann. Viele Kinder passen sich ihrer Umwelt an und benutzen, wenn sie es bei anderen Kindern sehen, eher die rechte Hand zum Malen und Schreiben, obwohl ihr Gehirn rechtsdominant ist. Tätigkeiten aber, die nur mit einer Hand verrichtet werden und oft auch reflexartig und somit nicht von der Umwelt und der Erziehung beeinflusst werden, werden von ihnen weiterhin mit der linken Hand verrichtet.

Frau Dr. Johanna Barbara Sattler, die in Deutschland führend auf dem Gebiet der Erforschung der Linkshändigkeit arbeitet und sich auch besonders mit der Bestimmung der Händigkeit und der Umschulung beschäftigt, erarbeitete einen Fragebogen (siehe Anlage 3), aus dessen Auswertung man die dominantere Hand bestimmen kann. Dieser Test ist auch für umgeschulte Linkshänder zur Bestimmung der Händigkeit geeignet.

Zur Auswertung dieses Händigkeitstests gehört aber weit mehr, als nur die Auszählung der Nutzung der beiden Hände. Es ist nur schwer möglich, die Ergebnisse in unsere heutigen statistischen Vorstellungen einzusortieren und in Prozentdarstellungen zu präsentieren, da auf dieser oberflächlichen Ebene biographische Besonderheiten und individuelle Merkmale nicht zur Geltung kommen. Genauere Hinweise zur Testanalyse werden in der Zusatzausbildung zum Linkshänder – Berater vermittelt.¹⁵

Der Test umfasst den Umgang der Hände bei vielfältigen Tätigkeiten und die Erfassung der Umwelt mit den verschiedenen Sinnesorganen. Er gliedert sich in:

  •  die Untersuchung spontaner Reaktionen, also Reflexe, welche von Umwelt und Erziehung kaum geprägt werden
  •  durch Erziehung geprägte Tätigkeiten
  •  durch technische Geräte geprägte Tätigkeiten, wie das Fehlen von Linkshänderprodukten.

Der Fragebogen berücksichtigt auch Tätigkeiten, die mit einer oder beiden Händen ausgeführt werden. Die Nutzung beider Hände kann hierbei abwechselnd oder gleichzeitig erfolgen

¹⁴ Vgl. Niemann, Julia: Das kleine Buch für Linkshänder, München 1999, S. 24ff.
¹⁵ Vgl. http://www.linkshaender-beratung.de/deutsch/Fragebogen.htm; 25.06.2005