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3.3.1.2 Probleme – (11/2005)

„Eine Umschulung der Händigkeit kann zu starken negativen Folgeerscheinungen in der Schule und im Wohlbefinden des Menschen allgemein führen, auf Grund von ungünstigen zerebralen Abläufen und Belastungen, die sich in psychische und psychosomatische Störungen weiter umsetzen können. Daher ist die richtige Händigkeitsdiagnose äußerst wichtig.“ ³⁰

Nach zahllosen und ausgiebigen Forschungen, Langzeitstudien und Beobachtungen in der Praxis konnte bewiesen werden, dass Händigkeit Ausdruck der motorischen Dominanz der contralateralen Gehirnhälfte ist (vergleiche Kapitel 2.3). Da die Händigkeit vom Gehirn beeinflusst wird, wirken sich äußere Änderungen wie eine Umschulung zwangsweise auch auf das Gehirn aus.

Bei einer Umschulung wird zwar die linke Hirnhälfte dominant, was aber nur heißt, dass die rechte Hirnhälfte überlastet und die Linke gehemmt wird. Die dabei auftretenden Probleme unterscheidet man in Primär- und Sekundärfolgen.

Zu den Primärfolgen zählen unter anderem Gedächtnisstörungen, welche besonders beim Abrufen von Lerninhalten hervortreten, Konzentrationsstörungen verbunden mit schneller Ermüdbarkeit sowie legasthenische Probleme und eine Raum-Lage-Labilität, d.h. eine Links- Rechts-Unsicherheit. Am deutlichsten sichtbar für Außenstehende sind feinmotorische Störungen, die sich z.B. im Schriftbild oder in Sprachstörungen äußern, die von leichtem Stammeln bis hin zum Stottern reichen können.

Aus diesen Primärfolgen können sich je nach Person nicht minder schwere Sekundärfolgen herausbilden, welche fast immer in Kombination auftreten. Der Linkshänder entwickelt Minderwertigkeitskomplexe, welche häufig zu Unsicherheit und Zurückgezogenheit führen. Diesen Benachteiligungen in Schule und Alltag versuchen die Kinder oft mit Überkompensation durch erhöhten Leistungseinsatz entgegenzuwirken, man spricht vom Demosthenes-Effekt. Auch eine Trotzhaltung, Imponier- und Provokationsgehabe, wie den „Klassenkasper“ spielen, können auftreten.

Je nachdem wie stark die Psyche des Kindes ist, unterscheidet sich auch die Ausgeprägtheit von Verhaltenstörungen. Diese können sich von Bettnässen oder Nägelkauen über psychosomatische Symptome, wie Phobien und Hysterien, bis hin zu Störungen im Persönlichkeitsbild ausdrücken. Natürlich können alle Primär- und Sekundärprobleme auch ohne eine Umschulung der Händigkeit auftreten, und zwar genauso bei Links- wie bei Rechtshändern.

Durch eine zusätzliche Umschulung der Händigkeit werden aber diese Schwierigkeiten, wie die Praxis zeigt, noch unverhältnismäßig verstärkt. Eine Umschulung greift also in Gehirnablaufsprozesse ein, stört und behindert diese, sodass diese Menschen mehr Kraft einsetzen müssen, um die gleiche Intelligenz zu mobilisieren wie ein nicht betroffener Links- oder Rechtshänder. Glaubt man nun, dass eine Umschulung die Intelligenz vermindert, so irrt man.

³⁰ Sattler, Johanna Barbara: Zeitschrift des Berufsverbandes der Ärzte für Kinderheilkunde und Jugendmedizin Deutschlands e.V. 32. Jg. (2001) Nr. 2, S. 139

Nur die Manifestation wird gestört z.B. beim Formulieren und Ausdrücken der Gedanken, beim Abrufen von Lerninhalten in Schrift und Sprache.³¹

³¹ Vgl. Sattler, Johanna Barbara: Der umgeschulte Linkshänder oder Der Knoten im Gehirn, Donauwörth 2002, S. 49 f.