2.1 Ursachen der Umschulung und gesellschaftliche Zwänge – (10/2003)
Grundsätzlich stellt sich die Frage, warum so ein Eingriff überhaupt vorgenommen werden soll? Es gibt sicherlich Situationen, zum Beispiel nach einem Unfall oder einer Krankheit, in denen sich eine Umschulung nicht vermeiden lässt. In solchen Fällen sind die Folgen oft sogar noch stärker ausgeprägt, da die Betroffenen nicht nur mit den direkten Folgen der Umschulung zu kämpfen haben, sondern auch noch die Krankheit, welche zu ihrer Umschulung geführt hat verkraften müssen. Unter diesen Umständen ist kaum ein Unterschied zwischen „links-rechts“ und „rechts-links“ Umschulungen festzustellen. Das ist auch die Ursache dafür, dass wir zwischen Um- und Rückschulungsproblemen Links- und Rechtshändiger grundsätzlich keinen Unterschied machen können. Obwohl zum größten Teil die Umschulung von der linken auf die rechte Hand erfolgt.
Weitaus öfter gibt es aber andere Gründe. Am häufigsten sind gesellschaftliche Vorurteile der Grund für einen Umschulungsvorgang, welcher unter diesen Umständen meist im Kindesalter vorgenommen wird.
Zum größten Teil sind es die Eltern, welche ihre Kinder umschulen. Oft aber auch Lehrer, die nicht genügend Informationen über Linkshändigkeit besitzen.
Es zeigt sich, dass zusammen mit den vorhandenen Vorurteilen vor allem die immer noch weit verbreitete Unwissenheit fatale Folgen für den Umgeschulten hat. Ein weiterer Umstand, dem wir mit dieser Seminarfacharbeit entgegenwirken wollen. Desgleichen treten sehr häufig religiöse und traditionelle Probleme auf, da die rechte Hand schon immer bevorzugt wurde. So findet man auf kirchlichen Abbildungen der Kreuzigung Jesu die positiven und hochgestellten Heiligen sowie wichtige Menschen auf der rechten Seite von Jesus, die Niederen und Negativen aber stehen links von ihm. Auf Abbildungen des jüngsten Gerichts kann man die Seligen im Paradies auf der rechten Seite von Gott erkennen, auf der linken Seite erkennt man im Gegenteil einen Höllenschlund der die Sünder und Ungläubigen verschlingt.
Obwohl wir in einer modernen und aufgeschlossenen Gesellschaft leben, reicht die Toleranz anscheinend doch noch nicht weit genug um Linkshändigkeit zu akzeptieren. Es zeigt sich, dass in einer eher konservativen Gesellschaft, wie sie zum Beispiel in Japan auftritt etwa 80% weniger Linkshänder gemeldet und statistisch erfasst werden, als in unseren eher toleranten westlichen Kulturen. Wie groß der Druck auf Linkshänder wirklich ist zeigt ein einfaches Beispiel: Währen unter den Menschen ein offensichtlicher Unterschied zwischen der Anzahl von Links- und Rechtshändern auftritt, weist das Tierreich keine Rechtshänderdominanz auf. Man kann weiterhin feststellen, dass seit den sechziger und siebziger Jahren, in denen die antiautoritäre Erziehung immer mehr an Bedeutung gewann, auch die Zahl der Umschulungen zurück geht.
Allerdings birgt unsere Gesellschaft auch Gefahren, da durch die dauernde Forderung von Leistungen und die komplexer werdenden Aufgaben des Alltags gerade für einen umgeschulten Menschen, mit seinen starken persönlichen Prägungen, die Eventualität der Überforderung immerzu wächst. Viele von ihnen fühlen sich ungerecht behandelt, da sie für die entsprechende Leistung viel mehr Kraft und Einsatz aufbringen müssen.